Weihnachten auf Immenhof

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Ethelbert©
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Weihnachten auf Immenhof

Beitrag von Ethelbert© »

Weihnachten auf Immenhof

Eine Immenhof-Weihnachtsgeschichte für Jung und Alt

Autor:
Ethelbert©

(neu bearbeitete Version)


Der Zuckerbub

Angela, Oma Jantzen und Dalli standen in der Küche und bereiteten den Teig für die Weihnachtsplätzchen vor. „Ja kommt er jetzt oder kommt er nicht?“ fragte Dalli nun ihre Oma . „Ja Kind“ entgegnete Oma Jantzen. „Ethelbert's Mutter hat heute morgen aus München telefoniert. Mein Zuckerbub sitzt schon im Zug hat sie gesagt.“ „Zuckerbub? Dass ich nicht lache... Zuckerbub....“ ... Dalli fand dies anscheinend sehr amüsant.

„Also ein Zuckerbub ist der bestimmt nicht. Eher ein ....“... Dalli begann in der Küche umherzuschreiten und breitete dabei die Arme weit aus um zu zeigen was Ethelbert, der Zuckerbub, in Wirklichkeit sei. „Und dann sieht er manchmal aus wie der Gockel vom Bauer Bartling.... also so.... oder wie ein Fischreiher, der zu lange im kalten Wasser gestanden hat....“ ... Dalli breitete die Arme und Beine noch weiter aus und latschte und stampfte in der Küche umher.

„Eigentlich sieht er ja aus wie ein Papagei mit....“ Nun unterbrach Angela ihre kleine Schwester Dalli. „Jetzt hör aber mal auf, Dalli. Was hast du denn nur gegen ihn?“ „Wie ein Papagei mit Stulpenstiefeln wollte ich sagen“. „Nein Dalli. Ethelbert ist doch ein richtig netter Kerl geworden. Am Anfang war er ja ziemlich schwierig.... das stimmt schon.... aber dann hat es sich ja gegeben. Warum hackst du denn aufeinmal so auf Ethelbert rum?“.

„Och“ entgegenete Dalli. „Och dieser Mistbesen von Ethelbert! Versprochen hat er, dass er schreiben würde. Ich hab keinen einzigen Brief gekriegt. Aber Dickie hat ein paar Briefe bekommen. Warum die denn und ich nicht? Der gemeine Kerl, der Fiesling wo er ist.....“ Die Oma Jantzen unterbrach jetzt die Unterhaltung abrupt: „Dalli, du gehst jetzt in den Keller Kohlen holen. Aber dalli!“ „Och Mist!“ fluchte Dalli, nahm dann aber den Kohleneimer und begab sich nach unten.


Eifersüchtig?

„Unser Küken ist wohl eifersüchtig“ flüsterte Angela ihrer Oma zu. „Eifersüchtig? Wer? Wie? Wer ist hier eifersüchtig?“... die Oma Jantzen wusste gar nicht um was es eigentlich ging. „Dalli ist eifersüchtig, weil Ethelbert zwei Briefe an Dickie geschrieben hat und nicht an sie. Und Dickie hat ihrer Schwester die Briefe nicht gezeigt. Und mir auch nicht.“ „Ja was“ antwortete Oma Jantzen. „Haben Dickie und Ethelbert denn irgendwelche Geheimnisse.... ach was, Angela.... ha ha ha...hihihi.... du siehst ja Gespenster....“... die Oma lachte hell, laut und ein wenig schrill.

„Meinst du nicht, dass Dickie und Ethelbert sich vielleicht... ähmmm... also ziemlich gut verstehen, Oma? Ist dir das im letzten Sommer nicht aufgefallen?“ „Mir aufgefallen? Ach was.... Angela du träumst doch... das sind doch noch Kinder... Ha ha hihihi....“. Also war der Oma Jantzen nichts zwischen Dick und Ethelbert aufgefallen. Dies schien nun wohl festzustehen. Und dass Dickie mittlerweilen kein kleines Kind mehr war schien der Oma wohl auch nicht aufgefallen zu sein.

„Angela, das sind doch noch alles Kinder. Wie kannst du denn denken, dass.....“ „Eine grosse Schwester weiss meistens viel mehr als die Eltern oder die Oma“ entgegnete Angela und blickte Oma Jantzen mit hoch gezogenen Augenbrauen an. „Und dass Dickie kein kleines Kind mehr ist weiss ich nun wirklich.“ „Ach...“.. Oma Jantzen plusterte die Backen auf und sah Angela genauso an, wie Oma Jantzen jemanden ansah wenn sie überrascht war.

Dann erschien Dalli wieder auf der Bildfläche. Sie hatte die Kohlen aus dem Keller geholt und füllte den Herd dann nach. „Ja wo die drei nur mit dem Weihnachtsbaum bleiben? Hach, herrjeh... dass bei uns aber auch alles immer nur auf den letzten Drücker geschehen muss“ jammerte Oma Jantzen. Jochen, Hein und Dick waren nämlich unterwegs um noch einen Weihnachtsbaum aufzutreiben. Bei all der Hetze in den letzten Tagen hatten sie dafür noch keine Zeit gehabt. „Wir müssen den Baum ja noch schmücken und die Weihnachtsgans muss auch noch geschlachtet werden....“


Mörder auf Immenhof?

„NEIN!“ schrie Dalli empört auf. „Ihr wollt Elvira ermorden? NEIN! NIEMALS! Das werde ich nicht zulassen. Ihr werdet Elvira nicht umbringen!!!!!!“ Elvira war die mittlerweilen ziemlich fette Gans, die dazu auserlesen war als Weihnachtsgans bei Oma Jantzen's Weihnachtsfeier zu fungieren. „Aber Dalli“ entgegnete die Oma. „Eine Gans ist doch dazu da geschlachtet zu we.....“ „Nein! Ist sie nicht! Ich werde nicht erlauben, dass Elvira ermordet wird.“... Dalli war ziemlich aufgebracht.

In diesem Augenblick hörte man die Haustür zuschlagen. Das mussten wohl Hein, Jochen und Dick sein, die vermutlich den Weihnachtsbaum gebracht hatten. Dalli und Angela liefen aus der Küche und tatsächlich: da standen die drei und hatten einen grossen dunkelgrünen Weihnachtsbaum dabei. Oma Jantzen kam ebenfalls angerannt und lachte: „Ja Jochen. Ja sag mal Jochen.... Hahahaha... da habt ihr aber einen tollen Baum gefunden.“

„Ja Oma“ entgegnete dieser. „Das ist eine Nordmanntanne und sie ist fast 2 m gross. Also mindestens doppelt so hoch wie Hein“. Der stuppste Jochen in die Seite: „Jo Käptn. Dat issch ja nun mal leicht ein bisken übertrieben“. Das Prachtexemplar von Weihnachtsbaum war eine edle und ziemlich hohe dunkelgrüne und prächtig aussehende Nordmanntanne. Die hatten Hein und Jochen aus dem Wäldchen am Dieksee stibitzt und Dick hatte dafür auch noch Schmiere gestanden. Aber das musste ja nicht jeder wissen.


Weihnachtsbaum.... schööööööönnnn....

„Auf, auf, Jochen.... Dicki... auf auf ins Wohnzimmer mit dem Baum“ ordnete die Oma an und Jochen und Hein trugen die edle Nordmanntanne ins mittlerweilen hochglanzpolierte Wohnzimmer von Jantzen's. „Da in der Ecke. Da stellt ihr die Tanne hin“ befahl Oma Jantzen und Jochen, Dick und Hein taten wie befohlen. „Dalli steig auf den Speicher und krapsch dir allen verfügbaren Weihnachtsschmuck und Lametta. Und mach nicht so'n Gesicht“.

Dalli gehorchte widerwillig. Immernoch stand ihr der Abscheu darüber im Gesicht, dass Elvira, die Weihnachtsgans, wohl auf grausamste und entsetzlichste Weise ihr Leben verlieren sollte. Sie begab sich nach oben auf den Speicher und begann die Christbaumkugeln auszupacken. Währenddessen begann man im Wohnzimmer damit die Weihnachtstanne in die Ecke zu bugsieren und irgendwie fest und wackelfrei aufzustellen.

„Jo Oma. Mit der Axt ham wa dat gleich“ meinte Hein und stutzte die edle hohe Tanne etwas zurecht.
Und tatsächlich: die edle Nordmanntanne, die als Weihnachtsbaum fungieren sollte, hatte ihren Platz in der Wohnzimmerecke gefunden und alle waren ziemlich zufrieden. Nun kam Dalli mit dem Christbaumschmuck dazu und man begann den Weihnachtsbaum fachgerecht auszustaffieren.


Beschützerinnen

Während sie das taten nahm Dalli ihre Schwester kurz beiseite und flüsterte ihr etwas zu: „Du. Die wollen Elvira ermorden.“ Dick erschien entsetzt zu sein und das war sie wohl auch. Und dieses obwohl doch jedem klar sein musste, dass so eine fettgemästete Weihnachtsgans irgendwann geschlachtet und verspeist werden würde. „Wie schrecklich, Dalli“ entgegenete eine sichtlich erregte Dick. „Wir haben uns doch so an Elvira gewöhnt.“ „Wir müssen sie retten, Dickie“ flüsterte Dalli ihrer Schwester ins Ohr. „Ja. Das ist eine gute Idee, Dalli. Wir werden Elvira beschützen und ihr Leben retten!“

„Was heckt ihr zwei denn aus?“ fragte nun Jochen, der bemerkt hatte, dass die Schwestern heimlich miteinander diskutierten. „Och nichts, Jochen“ antwortete Dick und setzte dabei den unschuldigsten und treuherzigsten Dackelblick auf, den sie verfügbar hatte. „Dalli hat mir nur erzählt was sie dir zu Weihnachten schenken will.“ „Ach so. Na dann will ich nichts weiter wissen“ antwortete Jochen lachend.

„Weisste was, Dickie? Wir bringen Elvira heimlich zu Mans und verstecken sie dort“. „Neee Dalli. Wir setzen Elvira in die Freiheit aus. Sie soll schwimmen und fliegen.“ „Aber zum Schwimmen und Fliegen ist Elvira doch viel zu fett“ entgegnete Dalli. „Stimmt auch wieder. Dann verstecken wir sie solange auf dem Heuboden und schauen dann mal weiter“.

Der Weihnachtsbaum war nun fertig geschmückt und die Oma stand mit strahlendem Gesicht vor dem Baum und reckte den Hals nach oben, denn der Baum war wesentlich grösser als die Oma Jantzen.
„Hein und Jochen. Jetzt kümmern wir uns um Elvira. Aber zuerst machst du den Weihnachtsengel auf die Spitze, Jochen.“ meinte Oma Jantzen. Dick und Dalli sahen sich erschreckt an und liefen aus dem Wohnzimmer.


Weihnachtsgansrettungsaktion

Dann begaben sie heimlich aus dem Haus und gingen in Richtung des Geheges, wo Elvira, die fette Weihnachtsgans, ihre letzten Stunden abwartete. Sehr besorgt schien Elvira allerdings wegen ihres bevorstehenden Todes nicht zu sein. Sie gackerte und pickte ein Körnchen nach dem anderen.

Dick und Dalli schauten auf Elvira, dann in Richtung des Hauses und dann in Richtung Elvira.... dann sahen wie die Oma, Jochen und Hein aus dem Haus traten. Oma Jantzen zeigte in Richtung des Geheges wo Elvira und die beiden Mädels sich befanden und von Hein Daddel war ein ziemlich lautes und vernehmliches „Jo Oma Jantzen. Ick kümma mich um die Weihnachtsgans“ zu hören.

Das war das Startsignal für Dick und Dalli. Sie schnappten sich Elvira, schirmten sie gegen die Blicke der elenden gemeinen Weihnachtsgansmörder ab und liefen in Richtung Ponystall. „Komm her und halte Elvira fest“ ordnete Dick an während sie die Leiter zum Heuboden hinaufstieg. Dalli gab ihr dann Elvira und Dick brachte die Gans nach hinten ins Stroh. „Weisste was. Wir machen die Leiter kaputt“ sagte Dalli und trat kräftig auf die untere Leitersprosse, die prompt abbrach.

Und schon hörten sie Hein Daddel fluchen wie einen Stallknecht oder wie einen besoffenen Käptn, der aus Versehen die Seekarte zwecks Toilettenhygiene benutzt hatte. „Jo du dicker Klabautermann! Jo dat glob ick ja net“. Hein zeterte und wetterte, dass man es über den gesamten Hof hören konnte und prompt kam Jochen angerannt.

„Käptn, de Gans is wech. Dat gloob ick ja net“ Jochen schielte nach links und sah die beiden Schwestern aus dem Stall kommen. Die beiden versuchten sich jedoch vor Jochen und Hein zu verbergen und schlichen an der Wand des Ponystalles entlang. Dann drehte sich Jochen abrupt um und rief: „Dick, Dalli! Kommt doch mal rasch her!“. Die beiden liefen daraufhin auf Jochen und Hein zu.
„Jetzt stellt euch vor, ihr zwei. Unsere Weihnachtsgans hat anscheinend der Fuchs gestohlen“.

„Das ist ja entsetzlich, Jochen“ entgegnete Dick. „Das muss tatsächlich der Fuchs gewesen sein. Sowas schlimmes aber auch, Jochen. Jetzt haben wir ja überhaupt keine Weihnachtsgans.“ „Jetzt lauft mal rasch zur Oma, ihr beiden. Und dann sagt ihr eurer Oma, dass der Fuchs die Weihnachtsgans gestohlen hätte und dass es zu Weihnachten kein Fleisch gebe. Sie soll halt was anderes machen.“

„Ja Jochen. Das machen wir sofort“.... Dick und Dalli liefen davon und waren heilfroh, dass es ihnen anscheinend gelungen war Elvira, die Weihnachtsgans, das Leben zu retten. Sie verschwanden im Haus. „Jo Käptn. Dat war nich da Fuchs, nich wahr?“ sagte Hein Daddel. „Natürlich nicht, Hein. Ich hab die zwei doch grade aus dem Stall kommen sehen. Die haben die Gans dort sicher versteckt. Ich kenn doch die zwei Gören ganz genau......“

„Jo Käptn. Dat isch ja ein bissken hart für die Kinnasch dat mit dem Schlachten“. „Ach Hein. Es ist doch jedes Jahr das gleiche. Die Gans muss geschlachtet werden sonst stirbt die doch glatt an Verfettung. Und gegessen wird sie dann doch“ erwiderte Jochen und plötzlich erhellte sich sein Blick. „Ich hätte da eine Idee, Hein. Wir machen folgendes.....“


Nichts für zarte Gemüter!

„Jo Käptn. Mach ich.“ Hein entschwand in den Stall, denn laut Jochen hatten die beiden Schwestern dort mit Sicherheit die Weihnachtsgans versteckt und auf dem Heuboden solle Hein zuallererst nachschauen. Kurz drauf hörte man den kurzen Todesschrei bzw. das „Todesgackern“ von Elvira der fetten Weihnachtsgans. Hein Daddel hatte das vollgefressene Viech mit seinen kräftigen Seemanspranken soeben von der Erde in den Gänsehimmel befördert.

Dann kam Hein wieder aus dem Stall gelaufen und just in diesem Augenblick erschienen die beiden Schwestern auch wieder auf der Bildfläche. Das hatte Jochen sich natürlich genauso gedacht: die beiden Schwestern würden natürlich versuchen von Elvira's Versteck abzulenken. „Dick und Dalli. Ich glaube wir sollten mal im Ponystall nachschauen. Vielleicht war der Fuchs dort ja auch“ sagte Jochen nun und blickte die Schwestern treuherzig an.

Dalli blickte ihre Schwester entsetzt an. Doch diese nickte heftig und sah Dalli vielsagend von der Seite an. „Natürlich Jochen. Das müssen wir tun.“ Die vier begaben sich in Richtung Ponystall. „Mensch Dalli. Wenn wir jetzt Nein gesagt hätte dann hätte Jochen doch gleich was bemerkt. Im Stall müssen wir Jochen und Hein vom Heuboden weghalten“.

Die vier betraten den Ponystall. „Käptn. Da schau mal“... Hein wies auf ein grosses weisses Etwas welches unterhalb des Heubodens lag. „Das ist Elvira“ rief Jochen mit gespieltem Entsetzen. „Wahrscheinlich hat der Fuchs von seiner Beute abgelassen als er uns gehört hat“. Die beiden Schwestern waren wie versteinert und blickten in Richtung Hein, der mit der toten Elvira ankam. „Jo Käptn. Jetz iss dat arme Tierchen doooot.“


So ein Schlitzohr

„Das ist wirklich schlimm“ meine Jochen. „Wirklich schlimm. Jetzt müssen wir die arme Elvira doch in die Küche zur Oma bringen. Das ist wirklich schlimm. Wirklich bedauerlich, Kinder.“ Jochen und Hein verliessen mit der toten Weihnachtsgans den Ponystall und begaben sich in Richtung des Hauses. Dick und Dalli waren immer noch wie versteinert. „Du Dickie. Elvira ist vom Heuboden gefallen und hat sich den Hals gebrochen“. „Ja Dalli. Das war wohl so. Dann sind wir ja die Mörder von Elvira“.

Die beiden Schwestern sahen sich noch einmal entsetzt an und schlossen dann einen schwesterlichen Pakt. „Es darf aber niemand wissen, dass wir die Elvira auf dem Gewissen haben. Komm das schwören wir uns. Dann gehen wir ins Haus und tuen so als ob nichts geschehen sei“. Gesagt, getan... die Schwestern legten die Hände übereinander, schworen und wollten sich gerade zurück zu Oma Jantzen begeben als er erste Schnee fiel.


Weisse Weihnacht und ein Ponyschlitten

„Da schau mal, Dickie! Weisse Weihacht. Au wie schön.“ Tatsächlich.... die ersten Schneeflocken fielen vom Himmel und es waren nicht einmal wenige. Es waren sogar recht viele. „Jetzt ist Elvira wahrscheinlich irgendwo da oben“ meinte Dalli etwas melancholisch. „Und dort hinten im Kapäuschen am Torhaus muss noch irgendwo Opa's Ponyschlitten sein“ erwiderte ihre Schwester. „Opa's Ponyschlitten? Au fein.....“... die beiden Mädels rannten in Richtung Torhaus. Irgendwie schien das grauenhafte Schicksal der armen Elvira recht rasch vergessen worden zu sein.

Dort im Kapäuschen unter viel Gerümpel war tatsächlich Opa Jantzen's Ponyschlitten. Nur war der in einem etwas betrüblichen Zustand und allerlei Unrat und Gerümpel lag über dem guten Stück. „Du Dalli. Wir lassen Jochen und Hein keine Ruhe bis sie den Ponyschlitten wieder hergerichtet haben“ sagte Dick und die beiden Schwestern liefen jubilierend zurück ins Haus.

Hein und Jochen hörten die frohe Botschaft, dass Dick und Dalli soeben Opa Jantzen's Ponyschlitten entdeckt hätten. Und da Dick und Dalli doch so traurig über den Tod der armen Weihnachtsgans Elvira seien müsse man wenigstens den Ponyschlitten herrichten und ausserdem dürfte Jochen dann auch mal damit fahren.... und den Ethelbert, den wollten sie dann ebenfalls mit dem Schlitten abholen.

„Jo Käptn. Da können wa ja nich Nein sagen“ meinte Hein Daddel und kratzte sich am Hals. Jochen, Hein und die Schwestern begaben sich ins Kapäuschen, wo der Ponyschlitten stand, und dann hörte man bis spät in die Nacht ein Hämmern und Klopfen und dann ein erleichtertes: „Oh wie toll“.

Und schon war der Morgen des heiligen Abends angebrochen.... also der „Heiligmorgen“.....


Der Wintergast

„Nun mach endlich“ rief Dalli während sie ungeduldig im Hausflur herumhüpfte. „Eine schreckliche Schwester hab ich mir da angeschafft“. Oma Jantzen beobachtete die Szene während sie sich ihren Dutt zurecht machte. „Deine Schwester ist jetzt bald eine junge Dame“ meinte die Oma. „Und wenn schon. Deswegen muss sie nicht eine halbe Stunde vor dem Spiegel rumstehen und sich kämmen“.

Dalli hüpfte weiter im Hausflur herum. „Draussen wartet Hein mit dem Ponyschlitten aber Mamsell Dick ist wohl noch nicht fein genug“. Dalli hüpfte mit dem anderen Bein weiter. „Wir kommen noch zu spät zum Bahnhof. Es ist bereits kurz vor acht“.

Der Immenhof war tief verschneit und die Eiszapfen am Scheunendach blinkten in der Sonne. Dalli öffnete die Tür und blickte hinaus zu Hein Daddel, der mit dem Ponyschlitten bereits wartete. „Nat watt iss denn jetz?“ rief Hein.“Meine Schwester ist noch nicht fein genug“ rief Dalli. Hein Daddel lachte etwas heiser. „Dat is halt een feines Mädelken. Keen so'n Wildfang wie du“.

Da erschien Dick, in ein langes elegantes Kleid gehüllt, mit Oma's brauner Pelzstola und einer hollywoodreifen Kopfbedeckung. „Ha ha ... wie siehst du denn aus? Wir sind doch nicht zu einer Hochzeit eingeladen“. Dalli zog sich Opa's alte Lammfelljacke über ihren Pullover. „Ja Kind“ sagte die Oma „da hast du dich aber fein gemacht für unseren Besuch.“ Dick lächelte etwas verlegen. „Ich hab mich ja nur fein gemacht weil heute Heiligabend ist“ erwiderte Dick. „Ha ha...“ Dalli lachte laut auf. „Ja nur weil heute Heiligabend ist... Ha ha!“.

Die beiden Schwestern stiegen in den Schlitten. Dick legte sich eine Decke über die Beine und ergriff die Zügel. „Hü Wallhalla! Hü Rieke! Los geht's!“ Die beiden Ponys trabten los und der Schlitten setzte sich langsam und schlingernd in Bewegung. „Na mach schon“ sagte Dalli „wir werden noch zu spät zum Bahnhof kommen.“ „Wir haben noch Zeit“ meinte Dickie „der Zug mit Ethelbert kommt erst um dreiviertel Neun“.

„Kannst du den Schlitten überhaupt fahren?“ fragte Dalli ihre Schwester. „Na klar. Wer eine Ponykutsche fahren kann der kann auch einen Ponyschlitten fahren“ entgegnete Dick. „Na wenn das nur mal gut geht. Wenn der Ethelbert den Schlitten fahren würde dann lägen wir schon längst tot im Strassengraben“. Die beiden Schwestern brachen in lautes Lachen aus während der Schlitten langsam und beschaulich durch die wunderschöne tiefweisse Landschaft der Holsteinischen Schweiz fuhr,
vorbei an den vereisten Seen und vorbei an schneebedeckten Äckern und Wäldern.


Hallo Ethelbert!

Endlich waren sie am Bahnhof angekommen. Der Zug mit Ethelbert war schon eingefahren und eine riesige weisse Dampfwolke lag über den Gleisen. Die Dampflok schnaufte laut und die Zugreisenden waren wohl schon ausgestiegen. „Nun aber rasch, Dickie“ rief Dalli ihrer Schwester zu und sprang vom Schlitten. Die beiden Mädels liefen aufgeregt über den Bahnsteig und schauten neugierig in allen Richtungen.

„Wo ist Ethelbert denn?“ Dick blickte ihre Schwester ratlos an. Ethelbert war nirgends zu erblicken. „Er müsste doch im Zug gewesen sein“. Dalli sprang in den ersten Wagon, Dick in den zweiten doch kein Ethelbert war zu finden. „E-T-H-E-L-B-E-R-T!!!!“ ... Dalli rief so laut sie konnte und Dick lief über die Gleise um Ethelbert zu suchen. „Vielleicht ist er in Kiel ausgestiegen um Geschenke zu kaufen“ meine Dalli. „Oder er hat sich auf dem Bahnhof verlaufen. Wahrscheinlich wird er dann heute nachmittag mit dem Bus nachkommen“ erwiderte Dick mit dennoch leicht tränenerstickter Stimme.

„Alles Einsteigen“ ... rief der Bahnhofsvorsteher. „Abfahrt nach Lübeck - alles einsteigen!!“. Die Dampflok schnaufte und puffte immer lauter und der Zug fuhr an.

Mittlerweilen leerte sich der Bahnhofssteig. Nur ein älteres Ehepaar und ein etwas heruntergekommen wirkender Mann waren übrig geblieben. Der Mann trug einem langen dunklen zerschlissenen Mantel, eine tiefe Kapuze und hatte eine langen kräftigen schwarzen Bart, offenbar war es ein Landstreicher auf Quartiersuche. Schliesslich gab es da noch Bahnhofsvorsteher Möbius mit seiner blauen Bahnhofsvorsteherjacke, seiner roten Bahnhofsvorstehermütze und seiner silbernen Bahnhofsvorsteherspfeife.

Der Landstreicher verliess den Bahnhofssteig und Dalli erkundigte sich bei Bahnhofsvorsteher Möbius ob er unter den Zugreisenden nicht einen ca. 16 jährigen Jungen mit dunkelblondem Lockenschopf gesehe habe. „Nein das habe ich nicht. Der wär mir bestimmt aufgefallen“.


Doch kein Ethelbert...

Die beiden Mädels bestiegen den Ponyschlitten und machten sich auf nach Hause zum Immenhof. Der Landstreicher im dunklen Mantel, den die beiden Mädels auf dem Bahnhof gesehen hatten, stapfte vor ihnen durch den Schnee. Irgendetwas schien er unter dem Arm zu tragen.

„Sollen wir den armen Kerl nicht mitnehmen? Er hat bestimmt einen weiten Weg.“ sagte Dick zu ihrer Schwester. „Schliesslich ist Weihnachten und wir sollten nett zu den Leuten sein“. Dalli zog eine Schnute., „Ihh bewahre. Der hat doch bestimmt Flöhe“. Doch Dick hielt den Schlitten an und fragte den Mann ob er mitfahren wolle. Der Mann im schwarzen zerschlissenen Mantel schüttelte den Kopf und blickte die beiden Schwestern dabei nicht einmal an. Er stapfte weiter durch den Schnee

„Das ist aber ein komischer Kerl“ sagte Dalli. Dick zuckte mit den Schultern und straffte die Zügel. Der Ponyschlitten setzte sich wieder in Bewegung.

Dass Dick und Dalli mit einem Ponyschlitten unterwegs war hatte sich mittlerweilen wie ein Lauffeuer unter den Kindern des Ortes verbreitet. So einen Ponyschlitten sieht man ja auch nicht alle Tage und da muss man doch glatt mitfahren - allzumal Dorfschullehrer Lütjens allen Kindern schneefrei gegeben hatte. Eine ganze Kindertraube lief vor, hinter und neben Dick und Dalli's Ponyschlitten her.


Komm wir gehen Schlittenfahren

Dalli sprang unterwegs vom Schlitten und warf Schneebälle auf ihre Schwester. Der war aber gar nicht zum Schneeballwerfen zumute. Dafür aber den Kindern! Und schon hatte Dickie einen Volltreffer erhalten welcher ihrer wunderbaren hollywoodreifen Kopfbedeckung arg zusetzte. „Na warte“ rief Dick, sprang vom Schlitten und stürzte sich auf den Schneeballwerfer. Und schon tobte die wildeste Schneeballschlacht welche die Holsteinische Schweiz bis dato erlebt hatte.

„Komm wir fahren zu Mans“ rief Dalli. „Wir haben Oma doch versprochen ihr mit der Weihnachtsgans zu helfen“ meine Dick. „Ach was. Die Weihnachtsgans kann warten. Dafür hat Oma doch Jochen und Angela“. Dalli ergriff die Zügel und trieb die beiden Ponys an. Die Kinderschar lief mit und die mutigsten versuchten sich auf den Kufen des Ponyschlittens zu halten.

Mans stand bereits vor der alten Schmiede denn der Lärm der sich nähernden Kinderschar war nicht zu überhören. „Wo habt ihr denn den Ethelbert gelassen?“ fragte Mans. „Der hat entweder den Anschlusszug verpasst oder ist unterwegs aus dem Zug gefallen“ meinte Dalli. „Dann müssen wir sofort ein Suchkommando organisieren“ meinte Mans. „Ethelbert kommt bestimmt heute nachmittag mit dem Bus nach“ sagte Dick.

Daraufhin stellte sich Mans vor den Ponyschlitten, verschränkte die Arme und setzte seinen intelligentesten und fachmännischsten Kennerblick auf. Er musterte den Ponyschlitten von allen Seiten. „Tolles Modell. Beste Vorkriegsware aus Nordlappland. Sicherlich ein Renntierschlitten“ meinte Mans im Brustton der Überzeugung. „Den hat Opa nach dem Krieg selbst gebaut“ sagte Dick. „Ausserdem heisst das Rentier und nicht Renntier“... die beiden Schwestern bogen sich vor lachen.

„Den muss ich jetzt ausprobieren“ meine Mans. „also los zum See!“. „Aber Oma wartet doch“ meinte Dick... doch zu spät. Sie war überstimmt und die Kinderschar samt Ponyschlitten lief zum See und jeder durfte eine Freifahrt mit dem Ponyschlitten an der Seeuferpromenade entlang machen. Darüber waren nun viele viele Stunden vergangen und die Ponys wollten auch nicht mehr so richtig... also ging es ab nach Hause. Der frühe Nachmittag war bereits angebrochen als Dick und Dalli endlich wieder auf dem Immenhof auftauchten. Jochen und Angela waren bereits angekommen.

Die Oma schlug die Hände über dem Kopf zusammen weil Ethelbert nicht gekommen war und die beiden Mädels aussahen als hätten sie mit den Wildschweinen um die Wette im Schlamm gebadet. „Ihr kostet mich noch den letzten Nerv“ seufzte die Oma. „Ach ihr zwei!“. Doch Dick und Dalli umarmten und knuffelten die Oma solange bis sie sich geschlagen gab


Wer da?

Inzwischen war es 5 Uhr nachmittag geworden als plötzlich irgendjemand heftig an die Tür klopfte. Ein helles Glöckchen erklang von draussen. „Wer mag denn das sein?“ fragte die Oma. „Dr. Pudlich wollte doch erst in einer Stunde kommen. Ob es vielleicht Ehelbert ist?“ Dalli sprang zur Tür und riss sie auf. „Huuuh!“ schrie sie laut. „Wer seid ihr denn?“

Vor der Tür standen...... der Weihnachtsmann und Knecht Ruprecht. Aber was für ein imposanter Weihnachtsmann das war! In einer roten Robe stand er da mit einem langem weissen Bart und einem grossen dunkelbraunen prallen Sack und die Weihnachtsmannnase war so rot wie das Weihnachtskostüm. „Draussen...ähmmm...räusper... vom Lande ... äh.... vom Wald komm ich her und muss euch sagen es regnet ... ähmm.... weihnachtet sehr“ sagte der „Weihnachtsmann“ mit mühsam verstellter Stimme.

Die ganze Immenhof-Gesellschaft hatte sich mittlerweilen im Hausflur versammelt. Dalli knuffte ihrer Schwester in die Seite „Der Weihnachtsmann kommt mir aber bekannt vor“. „Das sind Hein und Dr. Pudlich“ erwiderte Dickie und die beiden Schwestern hielten sich die Hände vor den Mund um ihr Kichern zu unterdrücken. „Hein Daddel ist aber viel dicker als dieser Knecht Ruprecht und ausserdem sieht der aus wie der Landstreicher vom Bahnhof“.

„Ähmmm.... ward ihr auch alle brav?“ fragte der „Weihnachtsmann“. „Knecht Ruprecht, nimm einmal mein goldenes Büchlein und lies nach ob die Kinder auch alle brav waren“. Der „Knecht Ruprecht“ nahm ein Buch aus seinem Sack und gestikulierte dabei wild mit einer langen Reisigrute in der Gegend herum. Er schlug eine Seite im goldenen Buch auf und sprach mit sehr mühsam verstellter jugendlicher Stimme: „Weihnachtsmann, die Kinder waren nicht brav! Ich muss die Dalli verhauen. Die hat in der Schule nicht aufgepasst und einen braven Jungen aus der Großstadt geärgert.“

Sprach's und stürzte sich auf Dalli, hielt sie mit beiden Armen fest und der „Weihnachtsmann“ schlug kräftig mit der Reisigrute zu... zumindestens tat er so. Dalli quietschte vor Vergnügen, denn sie hatte rausgefunden wer hier als Knecht Ruprecht und Weihnachtsmann verkleidet sein Unwesen trieb. Und die versammelte Immenhof-Weihnachtsgesellschaft wohl auch, denn ein unverkennbarer Duft von Glühwein lag in der Luft.


Schöner Schreck

Der Weihnachtsmann bückte sich um die Geschenke aus seinem Sack zu nehmen.... und schon fiel der schöne lange weisse Bart auf den Boden. Dr. Pudlich wollte ihn rasch aufheben doch die beiden Schwestern waren schneller, umklammerten ihn und rissen ihm die rote Stola vom Leib. Dann stürzten sie sich gemeinsam auf den „Knecht Ruprecht“ und schwupps war Ethelbert enttarnt. „Und dabei hab ich mir am Bahnhof so viel Mühe geben dass ihr mich nicht erkennt“ sagte Ethelbert etwas angesäuert. „Haben wir doch nicht“ riefen die beiden Schwestern im Gleichklang.

„Aber Knecht Ruprecht ist doch mit Nikolaus unterwegs und nicht mit dem Weihnachtsmann“ sagte ein gut gelaunter und sichtlich angesäuselter Jochen von Roth. „Ähmmm.... bei uns in der Großstadt ist das eben anders“ meinte Ethelbert zu Jochen. „Na auf den Schreck brauch ich erst mal ein Pülleken“ meinte nun Dr. Pudlich und erntete dafür einen lebhaften Applaus der versammelten Immenhof-Weihnachtsgesellschaft. Daraufhin begab man sich ins Wohnzimmer.

Klammheimlich hatten sich Ethelbert und Dickie währendessen zurückgezogen und Ethelbert wollte seiner Dickie einen ersten schüchternen Begrüssungkuss zu geben... als plötzlich eine helle Stimme im Hintergrund „AHA!“ rief. Dalli stellte sich mit gespreizten Armen und in Drohpose vor die beiden Turteltauben hin und setzte dabei ihre überzeugendste Besserwissermine auf. „Das hab ich mir doch gedacht. Dafür hat sich Dickie also heute morgen so fein gemacht“. Sie lachte hell auf und lief ins Wohnzimmer um allen mitzuteilen was sie gerade gesehen hatte.

„Ethelbert und Dickie küssen sich draussen im Flur“ schrie Dalli so laut sie konnte in die versammelte Menge hinein. Die Immenhof-Weihnachtsgesellschaft quittierte dies mit einem Lachen und einem gutgelaunten „So so...“.

Jochen zog Dalli beiseite und erklärte ihr im väterlichen Ton, dass sie doch das junge Glück ungestört lassen sollte. „Och“ sagte Dalli „wenn ich was mache werde ich immer ausgeschimpft und meine Schwester, die olle Zicke, darf machen was sie will. Ich küss mich ja auch nicht mit Jungs rum“. Jochen von Roth lachte laut.... „Noch nicht, Dalli“..... gab ihr einen freundschaftlichen Klapps aufs Hinterteil und ging noch lauter lachend zurück zur Weihnachtsgesellschaft, die es sich mittlerweilen im Wohnzimmer bequem gemacht hatte.

Kling Glöckchen klingelingeling.... Kling Glöckchen kling.... Oma rief die versammelte Immenhof-Weihnachtsgesellschaft zusammen und die grosse Weihnachtsbescherung begann.


Gesange wem Gesang gegeben

Aber keine Weihnachtsbescherung ohne Hindernisse. „Zuerst wird gesungen!“ befahl die Oma. „Ja Oma, muss das sein?“ fragte Ethelbert sichtlich irritiert angesichts des sich androhendenden Unheils. Oma blickte Ethelbert mit durchdringendem Blick an. „Jawohl dass musssssss sein“ entgegnete sie energisch und lautstark. „Bei uns wird an Weihnachten gesungen und da gibt es keine Widerrede! Wer nicht singt bekommt keine Geschenke und nichts zu Essen!“. Die Tonlage von Oma's Stimme war bedenklich hoch und Ethelbert schluckte erst einmal. Der Geruch der Weihnachtsgans, der in seine Nase stieg, liess seinen Protest jedoch rasch verstummen.

„Alles stellt sich jetzt in Reih und Glied vor dem Weihnachtsbaum auf!“ befahl die Oma der Weihnachtsgesellschaft und niemand wagte ein Widerwort. Oma stand in der ersten Reihe, direkt neben der Oma stand eine begeisterte Dalli mit glühenden Bäckchen. Sie schien den weihnachtlichen Singsang offenbar kaum noch abwarten zu können. Hinter Dalli hatten Dick und Ethelbert Aufstellung genommen.

Oma schaute sich um, ob auch alles in Reih und Glied anmarschiert war und nahm die Weihnachtsparade ab. „Du Jochen stellst dich mit Angela hinter Dick und Ethelbert in die dritte Reihe und Dr. Pudlich und Hein stellen sich in die letzte Reihe“ befahl die Oma und warf den Kopf stolz zurück wie Kaiserin Sissi bei Abnahme der königlich-kaiserlichen Wachparade.

„Oh du fröhliche, oh du seelige, Gnaden bringende Weihnachtszeit“.... Oma fing zu singen an und Dalli stimmte begeistert ein. Dick sang ebenfalls mit Imbrunst mit. Sie blickte ihren Ethelbert von der Seite an worauf sich auch dieser dem Weihnachtschor anschloss. Natürlich stand auch Angela ihrer Oma zur Seite und so tat es denn auch Jochen.

Aus der letzten Reihe brummte es unterdessen bedenklich. Dr. Pudlich lag mindestens zwei Takte hinter dem vorgegebenen Weihnachtsliedermarschtempo und Hein Daddel mindestens zwei Töne daneben. So etwas konnte die Oma allerdings nicht beindrucken..

„Sti-hi-lle Nacht, heilige Nacht „ .... „Alle Jahre wider kommt da-ha-s Christuskind „...“Oh Tannenbaum, oh Tannenbaum wie grün sind deine Blätter“. Oma und die Schwestern kannten alle Strophen aller Lieder auswendig. Wie schrecklich! Ethelbert sang mutig mit und bemühte sich so zu tun als kenne er die Texte. In Wirklichkeit litt er jedoch Höllenqualen und sein Magen knurrte ebenso laut wie die Oma sang. Verstohlen blickte er hinter sich. Hein und Dr. Pudlich hatten sich heimlich, still und leise bereits aus dem Staub gemacht und probierten schon einmal den Weihnachtspunsch.

„Und jetzt singen wir noch einmal Stille Nacht“ sprach die Oma. Ethelbert schien ein Stein vom Herzen zu fallen. Nur noch drei Strophen und er war gerettet. Und endlich war es geschafft, das Weihnachtssingen hatte ein glückliches Ende gefunden! „Ach ja“ sprach die Oma“. „Ach war das schön. Das war so schön wie Weihnachten 1944 als Opa Eberhard auf Fronturlaub war. Ein paar Wochen später seid ihr dann aus Ostpreussen gekommen“.

Oma wischte sich eine Träne aus den Augen. „Erzähl Oma, erzähl“ rief Dalli begeistert und die Oma fing an zu erzählen wie es damals war. „Das war das schönste Weihnachtsfest“ sagte sie. „Da standen wir vor dem kleinen Weihnachtsbaum und Eberhard war mit zwei Kriegskameraden gekommen“. Die Kriegsweihnacht 1944 schien jedermann zu interessieren... mit Ausnahme von Ethelbert, der nur noch Augen für den grossen Kartoffeltopf hatte sowie die braune, wunderschön duftende Weihnachtsgans, die sich unter der grossen silberfarbenen Abdeckhaube verbarg.


Bescherung, Kinder!

„Und jetzt gibt's die Bescherung“ rief Oma und nichts war es mit der Weihnachtsgans. Jochen fing mit der Bescherung an. Pony- und Pferdebücher gab es für die Schwestern, die einen artigen Knicks machten, eine Seidenbluse für seine Verlobte Angela und der Rest der Weihnachtsgesellschaft ging auch nicht leer aus. Für jeden hatte Jochen von Roth eine nette Kleinigkeit ausgesucht. Dann machte sich Oma an die Weihnachtsbescherung. Sie zog eine Kiste hinter dem Sofa hervor und befahl wiederum allen sich in Reih und Glied aufzustellen.

„Jetzt werdet ihr mal anständig eingekleidet“ sagte Oma mit ihrer Fistelstimme. Strickpullover gab es für die Schwestern, Ethelbert erhielt einen besonders schönen knallroten Wollpullover „damit du mir hier nicht einfrierst, du Mimose“ und Dr. Pudlich erhielt einen unerhört langen und dicken Wollschal mit dem man glatt hätte Barbarossa einwickeln können. Und das gleich dreimal. Dr. Pudlich, immer noch mit der Weihnachtsmütze auf dem Kopf, bedankte sich recht artig und verteilte seine Weihnachtsschätze unter den Anwesenden. Jochen bekam eine Schnupftakabdose und Oma eine luxuriöse Mahagoni-Strickkiste. Oma blickte den Doktor herzig an und umarmte ihn.


Das hübscheste Geschenk

Ethelbert schenkte seiner Dickie ein wunderbares silbernes Medaillon in Herzform mit einem kleinen Ethelbert-Porträtbildchen zum herausklappen. Dann verteilte er seine „Geschenke“ unter den Anwesenden. Es handelte sich natürlich um „Ethelbert-Bilder“. Ethelbert als Baby, Ethelbert bei der Kindstaufe, Ethelbert als Schuljunge im blauen Matrosenanzug...... „Aber Ethelbert“, sagte Jochen von Roth mit gespielter Strenge „es schickt sich doch nicht an Weihnachten nur Bilder von sich selbst zu verschenken.“.

„Das war doch nur ein Scherz. Ich hab doch noch mehr. Schaut einmal her.“ Ethelbert zauberte ein grosses Fotoalbum hervor. „Das schenk ich Oma und jeder darf sich das Fotoalbum anschauen und mit nach Hause nehmen wenn er will.“. Neugierig ergriff Dalli das Fotoalbum und blätterte. Das Album war voll mit Fotos von letztem Sommer. „Die hab ich mit Papi's Leica heimlich geschossen kurz bevor ich fortfahren musste“ verkündete Ethelbert stolz.

Nachdem man sich nun gegenseitig mit diversen Krawatten, Manschettenknöpfen, Laubsägearbeiten, Strickschals, Porträtbildchen und Ponybilderbüchern beschenkt hatte ging es endlich an die Festtagsstafel. Hein Daddel war bereits ziemlich daddelig von der Weihnachtsbowle, den Dr.Pudlich-Spezial-Pülleken, diversen Steinhägern und mindestens einem Dutzend eiskalter Holsten-Bierchen.


Hicks

„Dat....“ Hein versuchte einen Satz zu formulieren. „Also dat.... iss ja ... dat scheenste Weihnachtsfest-- Hicks--“. „Ja ja“ ... sagte Dr. Pudlich kumpelhaft und seine rote Weinnase erleuchtete das Zimmer noch heller als der Weihnachtsbaum. Jedenfalls meinte dies Jochen von Roth, an dem die diversen Steinhäger, Bierchen und die Weihnachtsbowle ebenfalls nicht spurlos vorbeigegangen waren.

Ethelbert wiederum stürzte sich wie ein ausgehungerter Schakal auf die Festtagstafel. Oma lachte „Ja Junge, du musst ja vollkommen ausgehungert sein“. „Ja Oma....mampf ... ich hab seit gestern abend kaum was gegessen.... mampf“. Ethelbert (fr)aß wie ein Scheunendrescher oder eigentlich eher wie zwei Scheunendrescher.

Angela sah dieser Szene erheitert zu. Ethelbert hatte anscheinend alle Tischmanieren vergessen und schlang und vertilgte alles was in seine Reichweite kam. „Aber ein feiner Herr aus der Großstadt benimmt sich doch nicht wie so“ meine Angela lächelnd. „Mampf, schluck.... Oma's Essen schmeckt halt so gut. So was leckeres krieg ich ja daheim nicht“ meinte Ethelbert während er sich über das Grünzeug hermachte. Oma war jedoch stolz und froh, dass es ihrem Grossneffen Ethelbert so mundete.

„Was machen deine Eltern eigentlich, Ethelbert?“ fragte Jochen nun. „Davon hast du uns noch nicht viel erzählt. „Och ... schmatz, schlürf .... mein Vater ist Oberregierungsrat und meine Mutter eine ehemalige Opernsängerin.... schmatz, kau....“ „Dann müsst ihr ja mächtig viel Geld haben“ meinte Jochen. „Ja Vater hat mächtig Kohle. Er gibt mir nie was davon ab“ antwortete Ethelbert.

„Man kann auch ohne viel Geld glücklich sein“ meinte die Oma. „Ach damals....“ Nun fing die Oma wieder mit den Kriegs- und Nachkriegsgeschichten an. „Das war ja so eine schöne Weihnacht 1944. Und als ihr dann angekommen seid war es der schönste Moment in meinem Leben“. “Oma, wie sind wir denn angekommen“ fragte Dalli neugierig. „Das hab ich euch doch schon so oft erzählt“ antwortete Oma geduldig.


Die Kriegsweihnacht

Die Weihnachtsgesellschaft rückte enger zusammen und Oma fing mit der Geschichte an. „Also das war so ....“ alles hörte gespannt zu, selbst der mittlerweilen gesättigte Grossneffe Ethelbert aus der Großstadt, der bei Oma und den Schwestern auf Weihnachtsbesuch war. „Ihr seid Anfang 1945 mit eurer Mutter aus Ostpreussen gekommen. Dalli war ja fast noch ein Baby und Dickie war ein kleiner süsser Wuschelkopf mit schwarzen Locken und schwarzen Augen. Eurer Mutter ging es damals schon nicht mehr so gut. Ein paar Wochen ist sie dann ja leider von uns gegangen.“ Oma drückte ein Tränchen aus ihrem linken Auge...

„Eberhard, euer Opa, und ich haben euch natürlich bei uns behalten obwohl es uns damals nicht besonders gut ging. Ihr solltet die schönste Kindheit haben, die man sich vorstellen kann“ seufzte Oma Jansen. „Die hatten wir doch auch“ sagte Dick und die beiden anderen Schwestern nickten heftig mit dem Kopf. „Dalli konnte schon mit 4 Jahren auf einem Pony reiten“ sagte Oma stolz „und ihr zwei seid später mit den Ponys in die Schule geritten und zurückgekommen seid ihr manchmal erst abends weil ihr euch noch überall rumtreiben musstet. An die arme ängstliche Oma, die zu Hause sass und sich Sorgen machte, habt ihr gar nicht gedacht, ihr zwei Rabauken“ sagte Oma Jantzen.

„Ja dat sin zwee Raubkatzen“ sagte Hein Daddel, der verdaddelt wie er war „Raubkatzen“ anstatt „Rabauken“ verstanden hatte. „Aber zwee niedliche Raubkatzen“... die Weihnachtsgesellschaft lachte, Jochen sprang vom Stuhl auf, klatschte in die Hände, stellte sich gerade hin, fasste sich an den Kragen und fing an eine kleine Weihnachtsrede zu halten, die aber erfreulicherweise recht kurz war. „So und jetzt tanzen wir“ meinte Jochen von Roth nun.


Walzer... Walzer hätte ich auch gekonnt!

„Tanzen? Au prima!“.... Ethelbert sprang zum Radio und drehte am Suchknopf. „Quietsch, jaul, pfeif“ endlich hatte er einen Rundfunksender gefunden, der Walzermusik spielte. „Darf ich die Dame zum Tanz auffordern?“ Ethelbert ging zu Dick und verneigte sich höflich. „Ja gerne, der Herr“ entgegnete Dickie lächelnd und tanzte mit ihrem Kavalier einen Walzer, denn Walzer.... ja Walzer hätte sie ja damals auch gekonnt.

Dalli schnappte sich Hein Daddel, der die junge Dame höflich auf die Tanzfläche begleitete. Dr. Pudlich und die Oma liessen sich das nicht zweimal sagen und legten einen flotten Walzer auf den Tanzboden. Der zwar ziemlich eng und schmal ... aber das störte niemanden, auch nicht Jochen und Angela, die sich ebenfalls dazu gesellten.

„Autsch. Aua“... Ethelbert hatte seiner Dickie vor lauter Begeisterung heftig auf die Füsse getreten. „Aua... du bist ein richtiges Trampeltier“ rief Dickie vorwurfsvoll und hielt sich ihren schmerzenden linkenden Füsse. Dann sah sie, dass der Absatz von Angela's schönen Stöckelschuhe, die sie tragen durfte, abgebrochen war. „Du bist ein Rindvieh“ sagt Dickie wütend und trat Ethelbert ordentlich eins vor's Schienenbein.


Das Ende der stolzen Nordmanntanne

Aber sie hatte wohl fester zugetreten als sie eigentlich wollte, denn Ethelbert verzog schmerzverzerrt das Gesicht, hielt sich das Schienenbein und hüpfte im Wohnzimmer herum.... und schon war das Ende des Weihnachtsbaums gekommen. Das edle Prachtstück, eine dunkelgrüne Nordmanntanne, fiel klirrend zu Boden und Oma hielt sich die Hände vor's Gesicht. „Das hab ich kommen gesehen....“ Die weissen und roten Christbaumkugeln lagen auf dem Boden, einige waren zersplittert und mitten im Grün lag ein mit Lametta bedeckter Ethelbert, der sich immer noch das Schienenbein hielt.

Oma stand kurz davor in die Luft zu gehen als sich Dr. Pudlich in den sich ankündigenden Familienkrach einschaltete und der Oma versprach der Oma ihr einige von seinen eigenen Christbaumkugeln zu schenken weil „er ja noch so viel habe und eigentlich viel zu viel“. Dann nahm der Doktor ein Sektglas in die Hand und schmiss es hinter sich „Scherben bringen Glück.“

Danach war der fröhliche Weihnachtsabend allerdings beendet und die Weihnachtsgesellschaft begab sich ins Ruhelager.


Zwei süsse Englein

Der erste Weihnachtstag war angebrochen. Es war früh morgens um sieben. Ethelbert schlummerte den Schlaf der Gerechten als plötzlich eine sanfte Stimme erklang „E-t-h-e-l-b-e-r-t“. Dann noch einmal: „E-t-h-e-l-b-e-r-t“. Diesmal waren es jedoch zwei Stimmen. Der junge Herr öffnete verschlafen die Augen und blickte in zwei Augenpaare: ein braunes und ein blaues. Zwei Engel standen vor Ethelbert's Bett. „Hätt ich gestern nur nicht soviel Bowle getrunken“... murmelte Ethelbert im Halbschlaf... „jetzt sehe ich schon Englein“ und drehte sich auf die andere Seite. Aber wiederum ertönten die beiden sanften Stimmchen.

Diesmal erwachte der angesprochene. Verdutzt setzte er sich aufrecht und erblickte Dick und Dalli als Weihnachtsengel verkleidet vor seinem Bett stehen, beide mit filigranen weissen Flügel über den Schultern und mit einer Art weissem Balletkostüm bekleidet. „Ja was ist denn hier los?“ „Ich bin das Christkind“ sprach Dick „und ich die Sekretärin vom Christkind“ sagte Dalli..... und schon hatte Ethelbert eine Karaffe voll Wasser im Gesicht. „Damit du endlich wach wirst, du Faultier.“

Dalli zog Ethelbert die Bettwäsche weg. „Los steh auf. Wir fahren in die Stadt zur Frühmesse und zum Krippenspiel“. „Krippenspiel? Frühmesse?“ Ethelbert glaubte seinen großstädtischen Ohren nicht zu trauen. Doch die Ereignisse überschlugen sich. Im Nu sassen die Schwestern und Ethelbert im Ponyschlitten, Oma versorgte sie mit Wurststullen und ab ging es zur St.-Marien-Kirche in Malente.


Ab in die Kirche, Ethelbert!

Während der Fahrt erklärten die Schwestern was ihn nun erwartete. „Wir sind die beiden Weihnachtsengel beim Krippenspiel“ erklärte Dick ihm. „Pfarrer Hinnerksen und Fräulein Unruh, unsere Balletlehrerin, haben uns dafür ausgesucht.“

„Ha ha ha ha ha .... da haben sie sich ja gerade die richtigen ausgesucht. Ha ha ha ..... und was soll ich dort machen?“. „Du wirst uns begleiten weil du ja ein grosser Kavalier bist und uns beschützen wirst“ erklärte ihm Dick. Dies wiederum gefiel Ethelbert sehr. Kavalier und Beschützer zu sein war nämlich gar nicht schlecht.

Schliesslich kamen sie an der St.-Marien-Kirche an und traten durch die Seitenpforte ein. Pfarrer Hinnerksen stand dort bereits umgeben von den Kindern, die er für das Krippenspiel ausgesucht hatte. Fräulein Unruh, die Ballettlehrerin von Dick und Dalli, war ebenfalls da um die beiden Weihnachtsengel und Balletösen in Empfang zu nehmen. Mans war auch schon da. Er spielte nämlich die Bassblockflöte im Kinderblockflötenorchester und war für die Aufführung des „Sterns von Bethlehem“ zuständig.


König aus dem Morgenland

Aber zunächst hatte Pfarrer Hinnerksen eine kleine Hiobsbotschaft zu verkünden. „Kinder, stellt euch vor der Robert ist krank geworden. Jetzt haben wir keinen Mohrenkönig mehr“ „Das ist aber schade“ erwiderten die Kinder, die bereits in ihren Kostümen dastanden. „Was sollen wir jetzt nur machen?“ Pfarrer Hinnerksen sah sich in der Runde um und sein Blick ruhte schliesslich auf Ethelbert, welcher hinter den beiden Weihnachtsengeln Dick und Dalli Aufstellung genommen hatte.

„Ja... die Grösse passt. Und der Rest auch“. Ethelbert schwante entsetzliches. Sollte er etwa beim Krippenspiel mitmachen müssen? Nur das nicht.... „Komm mal her, mein Junge“ sagte Pfarrer Hinnerksen. „Der Robert, welcher den König aus dem Morgenland spielen sollte ist krank geworden. Nun brauchen wir einen neuen Mohrenkönig“. „Einen neuen Mohrenkönig?“ Ethelbert traute seinen Ohren nicht.

„Na das kriegen wir schon hin“ meinte Pfarrer Hinnerksen. „Bringt einmal Robert's Kostüm und den Turban her, Kinder“. Ethelbert wusste dass es kein Entrinnen mehr gab allzumal Dickie ihn mit einem energischen „wenn-du-das-nicht-machst-gibt-es-ärger“-Blick fixierte. „Du musst nicht viel sprechen, wie heisst du eigentlich ... also Ethelbert“ sprach Pfarrer Hinnerksen. „Wir sind die drei Könige aus dem Morgenland und bringen Geschenke für das Jesuskind. Und dann gibst du Joseph den Korb mit den Geschenken“.

„Aber zuerst müssen wir dich zu einem richtigen König aus dem Morgenland machen“ sagte der Pfarrer und zog eine Dose Schuhcreme hervor. „Das tut nicht weh und man kann es leicht abwischen“ beruhigte er Ethelbert während er diesem das Gesicht mit schwarzer Schuhcreme zuschmierte. „Igitt. Pfui Teufel“ wollte Ethelbert sagen, aber schliesslich war er ja ein Kavalier und schwieg geduldig. Ausserdem wollte er sich vor seiner Dickie doch keine Blösse geben.

Mans hielt sich die Hände vor den Mund als er in Ethelbert's pechschwarzes Gesicht blickte. Dann setzte Pfarrer Hinnerksen einen Riesenturban auf Ethelbert's stolzes Reiterhaupt, wisch sich die Hände ab und sprach mit zufriedener Stimme: „So, dass haben wir aber gut hingekriegt. Du wirst einen wirklich sehr guten König aus dem Morgenland abgeben“. Die beiden Weihnachtsengel glucksten im Hintergrund.


Krippenspiel

Nachdem Fräulein Unruh den beiden Weihnachtsengeln Dick und Dalli die genauen Balettschritte noch einmal vorgeführt hatte klatschte Pfarrer Hinnerksen in die Hände. „Wir fangen jetzt mit der heiligen Messe und dem Krippenspiel an, Kinder. Gebt euch Mühe. Eure Eltern und Lehrer sitzen dort unten.“

Das Krippenspiel begann. Ein Erzähler schilderte die Vorgeschichte, der Stern aus Bethlehem erschien als Laterne getragen von Mans und die Krippe mit Josef, Maria, dem Christuskind und den Tieren wurde von einem Scheinwerfer beleuchtet. Der Erzähler kündigte die Ankunft der heiligen drei Könige ein. Die drei „Könige“ betraten die Krippe und Pfarrer Hinnerksen, der als Schäfer verkleidet war, gab König Ethelbert das Zeichen.

„Ich bin König Ethel.... ähmmm... ich komme aus dem Abend... nein...ähmmm“ Ethelbert hatte vor Aufregung seines furchtbar wichtigen und langen Text vergessen. „M-O-R-G-E-N-L-A-N-D“ versucht Pfarrer Hinnerksen ihm zuzuflüstern. Doch es half nichts.... „Ähmmm... ich bin der Mohrenkönig ....“ Die beiden „Weihnachtsengel“, welche vor der Krippenszene tanzten, hatten rasch bemerkt, dass Ethelbert in der Klemme steckte und wohl nicht mehr selber heraus kam. „Hilf ihm aus der Patsche. Er hat den Text vor lauter Aufregung vergessen.“ flüsterte Weihnachtsengel Dalli ihrer Schwester zu.

Weihnachtsengel Dick flatterte über die Bühne und flog bei der Gelegenheit dicht an König Ethelbert aus dem Morgenland vorbei, markierte den sterbenden Schwan und flüstere sie ihm so schnell sie konnte den Text ins Ohr: „Wir sind die drei Könige aus dem Morgenland und bringen Geschenke für das Jesuskind“. Dann flatterte sie elegant von dannen.


König Ethelbert ist doch einfach zu....

König Ethelbert aus dem Morgenland, der unter seiner schwarzen Schuhcreme gewaltig ins Schwitzen gekommen war, fiel ein Stein vom Herzen. Er sagte den Text auf und jedermann applaudierte. Dann ging das Krippenspiel weiter, die beiden Weihnachtsengel flatterten und tanzten bis zum Ende, das Jesuskind wurde getauft und Pfarrer Hinnerksen schlug vor Freude die Hände laut zusammen. „Ja das habt ihr ja richtig schön gemacht, Kinder. Und der Mohrenkönig war ja richtig überzeugend“. Ethelbert quälte sich ein Lächeln unter seinen schuhcremeschwarzen Gesicht ab und Pfarrer Hinnerksen half ihm beim „abschminken“.

Ethelbert und die zwei Weihnachtsengel zogen sich um und verliessen dann die Kirche. „Wie wäre es denn wenn wir heute nachmittag nach dem Essen alle zusammen ins Tanzcafé fahren?“ schlug Dalli nun vor. „Au fein“. Der Vorschlag war einstimmig angenommen.

Der zweite Weihnachtstag war angebrochen. Es war gegen halb 9 Uhr morgens. Ethelbert, Dick, Dalli und die Oma sassen beim gemeinsamen Frühstück. Ethelbert vertilgte Oma's Weihnachtsplätzchen fast kiloweise. „Mampf, knatsch .... toll Oma. Schmeckt gut.... mampf. „Lass mir auch noch was übrig, du Vielfrass“ meinte Dalli. „Mampf.... es ist doch doch genug da.“ Ethelbert schob sich eine weitere Wagenladung Weihnachtsplätzchen in den Mund.

Plötzlich vernahm man eine Stimme von ausserhalb: „Seid ihr schon alle wach?“ Die Schwestern stürzten sich zur Eingangspforte. Es war Mans, der mit karierter Zipfelmütze, brauner Stoffjacke und über den Schultern gehängten Schlittschuhen vor der Tür stand.


Wintersport

„Wie wäre es denn mit Eislaufen?“ rief Mans. „Au fein. Wo sollen wir denn hingehen?“ meinte Dalli. „Am besten zu unserer Badestelle. Dort ist schon das halbe Dorf versammelt und das Eis ist hervorragend“. Mittlerweilen hatte sich auch Ethelbert hinzugesellt. „Eislaufen? Mampf, Knatsch, mampf .... Da muss ich natürlich mit... mampf“. Ethelbert war hellauf begeistert, sowohl von Oma's Weihnachtsplätzchen als auch von der Idee Eislaufen zu gehen.

„Habt ihr übrigens gewusst, dass ich einer der besten, geschicktesten und talentiertesten Eisläufer bei una in der Großstadt bin und schon unzählige Preise und Pokale abgeräumt habe?.... mampf, knatsch, kau... “ „Nein das haben wir nicht gewusst“.... die beiden Schwestern taten erstaunt und blinzelten sich heimlich zu. „Wir dachten du seist der König aus dem Morgenland“ Mans kraulte sich währenddessen grübelnd am Kinn von wegen „grosser Eislaufmeister“.

„Dann müsstet ihr mich mal auf der Eisbahn beim Pirouettendrehen sehen oder wenn ich einen gewagten Sprung nach dem anderen hinlege“. Ethelbert warf sich in Heldenpose, schob noch einmal drei Weihnachtsplätzchen nach und schien auf einmal wieder ganz „der alte Ethelbert“ zu sein. „Sowas wie mich habt ihr hier auf dem Dorf vermutlich noch nie gesehen“.“Nein ganz bestimmt nicht, Ethelbert“ entgegnete Dalli, die sich dabei kichernd fast auf die Zunge biss.

„Na dann lasst uns mal zur Badestelle aufbrechen“ meinte Mans. „Das Eis soll hervorragend sein und eine solche Meister-Eislaufkür will man sich ja schliesslich nicht entgehen lassen“. Gesagt getan. Die Mädels flitzten so schnell sie konnten in ihr Zimmer um ihre Sachen zu holen und Ethelbert lief ins Gästezimmer wo er Nachtquartier bezogen hatte. Einige Augenblicke später erschien er im knallroten Rollkragenpullover, den er von Oma zu Weihnachten geschenkt bekommen hatte. Flugs setzte er sich seine roten Zipfelmütze auf präsentierte sich stolz mit seinen weltmeisterlichen Eislaufkufen.

Dick zeigte auf Ethelbert's feine schwarze Sonntagshose. „Ethelbert, diese Hose ist doch zu schade zum Eislaufen. Wenn du nun hinfällst und dir die Hose zerreisst?“ „Ich und hinfallen?“ Ethelbert lachte laut. „Ich und hinfallen? Mich hat noch niemand hinfallen gesehen, wenn ich meine Eiskunstlaufkür vorführe. Nur Anfänger fallen hin.“

Die kleine Eislaufgesellschaft begab sich in den Stall, um die Ponys anzuzäunen und kurz darauf setzte sich der Schlitten in Bewegung. Da im Schlitten für 4 Leute nicht genug Platz war wechselte sich der kleine Eislaufclub ab. Mal sprang einer in den Schlitten hinein und dafür ein anderer hinaus. Ethelbert war besonders fleissig beim Hinein- und Herausspringen. Eigentlich sprang er nur noch hinein und hinaus, lief zumeist neben dem Schlitten her und demonstrierte mit weit ausladenden Arm- und Beinbewegungen wie man eine Eislauf-Meisterkür hinlegt und was man alles beachten müsse wenn man ein Eislaufmeister werden möchte.


Der beste Eislaufweltmeister aller Zeiten

Dann kamen sie an der Badestelle an. Der See war zugefroren und eine Kinderschar lief auf dem Eis herum. Manche trugen Schlittschuhe und andere schlitterten auf dem Eis herum. Dickie begab sich mutig als erste aufs Eis.... am Anfang noch etwas vorsichtig.„Achtung jetzt kommen Dickie und Ethelbert, das neue Eislauftraumpaar“ rief Ethelbert in die versammelte Menge und stürzte sich aufs Eis.

„Jetzt schaut mal alle her. Dickie und Ethelbert beim Eistanz“. Ethelbert versuchte Dick zu erfassen und fiel dabei fast hin. „Nein Ethelbert. Ich bin noch nicht sicher genug auf dem Eis“ meinte Dick etwas ungehalten. Den Ethelbert schien das jedoch wenig zu interessieren. „Na komm mach schon. Wir machen jetzt einen Eistanz“. „Neeeiiinnn!!“ Dick stiess Ethelbert weg.

Der kam beträchtlich ins Schlingern, versuchte aber das beste aus der Lage zu machen. „Schaut mal alle her. So läuft man eine perfekte Eislaufkür“. Ethelbert setzte sich in Pose, drehte sich leicht wackelnd einmal um die eigene Achse und schliesslich gelang es ihm sich rückwärts mit den Schlittschuhen zu bewegen. „Na wie findet ihr das?“ Triumphierend blickte Ethelbert zum versammtelten jugendlichen Publikum und hielt die Arme nach oben wie ein Dirigent, der vor einem grossen Orchester steht.

„Ethelbert fahr nicht soweit nach links. Dort ist das Eis ziemlich dünn“. Dick wollte auf Ethelbert zufahren, da sie die drohende Katastrophe bereits erahnte. Das Geräusch klang als würde man zweitausen Knäckebrote auf einmal in der Mitte durchbrechen. „K-N-N-N-A-A-A-A-A-A-C-C-K-K-K“ Ethelbert versank langsam und majestätisch im See, wie eine untergehende Fregatte unter vollen Segeln.


Blub Blub

Vor Schreck bekam er zunächst kein Wort mehr heraus. „Hilfe. Hillfffeeee!!! Ich will hier raus. Hilfe! Hilfe! Das Wasser ist eiskalt. Ich ertrinke“. Ethelbert lag hinterrücks zwischen den Eisschollen und dem hervorquellenden schmutzig-braunen Wasser.

„Du ertrinkst nicht. Stell dir doch einfach gerade hin! Das Wasser ist hier nicht tief“ rief ihm Dickie zu. Und tatsächlich.... Ethelbert erhob sich reflexartig und stand bis zu den Hüften im eiskalten Wasser. Völlig entgeistert blickte er zu Dick, die ihre rettende Hand reichte. Mit vereinten Kräften gelang es Dick, Dalli und Mans den Eislaufmeister aus seiner Misere zu befreien und ihn an Land zu ziehen. „Ha ha, hi hi.... wer den Schaden hat braucht für den Spott nicht zu sorgen“. Aber der völlig durchnässte Eislaufmeister verstand vor lauter Zittern und Frieren kein einzigesWort mehr.

„Ethelbert, weisst du was. Du benimmst dich ja manchmal wie ein kleines Kind“ sagte Dickie etwas schnippisch zu ihrem Helden. Doch der hörte nicht hin und bibberte und schnatterte entsetzlich in seiner nassen Hose und seinem vollkommen durchnässten roten Wollpullover. „Ab heim“ rief Dalli. „Wickelt den Ethelbert in die Wolldecke ein damit er uns hier nicht zum Eisblock erstarrt“. Gesagt, getan... und so schnell es ging flog der Ponyschlitten zum Immenhof.

„ACHHHHHHH!!!!“ verweifelter konnte eine Oma-Stimme nicht mehr klingen. „ACHH. ACHHH. ACHHH. ACH NEIN! Ach Ethelbert.“ Oma nahm sofort das Regiment in die eigenen Hände. „Ab mit ihm ins Bett. Dick, du machst sofort heisse Umschläge! Angela, du hilfst mir diesen Unglücksraben auszuziehen! Dalli, mach sofort heissen Tee und einen Grog!“ Wie ein Feldwebel klang die Oma.
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