Die wilden Reiter vom Immenhof (FF 1959)

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Ethelbert©
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Die wilden Reiter vom Immenhof (FF 1959)

Beitrag von Ethelbert© »

„Tschä“ meinte Hein Daddel und legte seine Portiersmütze mitten auf die edelholzgetäfelte Platte des Empfangsschalters. „Tschä, da müssen wir halt schaun dat wa wat dun“. Frau Mommsen-Kühnrath, eine Düsseldorfer Industriellen-Gattin welche mit ihrer Tochter Klara Reiterferien auf dem Immenhof machte, hatte sich wiedermal bei Hein beschwert. Das tat sie mindestens zweimal pro Tag und Hein antwortete stets das gleiche: „Da müssen wa halt schaun dat wa wat dun“.

„Aber sie haben mir doch versprochen, dass meine Klara heute auf Pinocchio reiten darf“. Frau Mommsen-Kühnrath war wiedereimal ziemlich ungehalten. „Tschä“ meinte Hein Daddel wieder.
Der sanftmütige Pinocchio war nunmal das beliebteste Pony auf dem Immenhof und darum hatte Hein Pinocchio gestern Herrn und Frau Rosselmann aus Hamburg versprochen. Ein solches Versprechen pflegte Hein stets zu halten und ausserdem war Herr Rosselmann viel zu dick und ungeschickt um auf einem anderen Pony zu reiten.

Aber dass Hein Daddel den Pinocchio gleich zwei Gästen versprochen hatte... ja das war Hein natürlich glatt entfallen. Schliesslich hatte er als Portier ja genug um die Ohren und da kann einem ab und an auch mal etwas entfallen. Was sollte er jetzt nur mit Frau Mommsen-Kühnrath anfangen?

„Ja was ist denn hier los?“ fragte nun Margot von Roth, die just in diesem Augenblick in der Empfangshalle auftauchte. Margot, die Frau von Jochen, hatte eine Schürze umgebunden und ihr Gesicht war verschwitzt. Sie war dabei Dalli und Oma Jantzen in der Küche zu helfen.

Hein zwinkerte Margot heimlich zu und die hatte wohl verstanden was los war. „Aber Frau Mommsen-Kühnrath“ meinte Margot. „Ihre Tochter kann mittlerweilen so fabelhaft reiten dass es doch schade wäre sie auf einem Pony herzumzuführen. Sie sollten Klara mal auf einem richtigen Vollblüter reiten lassen.“ „Ja meinen sie?“ antwortete Frau Mommsen-Kühnrath und ihre Augen blitzen auf. „Ja wirklich? Wann können wir denn?“

In diesem Augenblick flog die Eingangstür des Ponyhotels auf. Es waren Dick und Jochen von Roth, die im Sauseschritt in die Empfangshalle liefen. Dick hatte ein sehr elegantes dunkles Reitkostüm an und Jochen trug seine hellen, unten weit ausgeschnittenen Reithosen und ein helles, oben offenes Hemd. Dick sah wie eine richtige Amazone aus. Sie strahlte regelrecht. Dann stellte sie sich vor Margot, Hein und Frau Mommsen-Kühnrath auf und verbeugte sich höflich. Sie drehte sich einmal um die eigene Achse und fragte mit leuchtenden Augen: „Na wie seh ich aus?“

Das hatte Dalli wohl bis in die Küche gehört und prompt kam sie angerannt. Dalli wollte unbedingt wissen wie ihre Schwester im neuen Reitgewand aussehen würde. Dick's neues Reitgewand schien Dalli zu gefallen, denn sie klatschte vor Begeisterung die Hände zusammen und rollte die Augen.

„Oh Mann. Dat lütte Dern. Kiek dir mal dat lütte Dern an.....“ entfuhr es Hein Daddel und Frau Mommsen-Kühnrath ereiferte sich geradezu:. „Ja hübsch schaun sie aus, Fräulein Dick. Richtig hübsch. Wann ist denn ihr erstes Reitturnier?“ „Nächsten Sonntag“ antwortete Jochen von Roth anstelle von Dick. „In zwei Tagen geht's ab nach Lübeck und dann wird unsere Dickie sich ihre ersten Sporen als Turnierreiterin verdienen“. Dick bekam auf einmal ganz rote Bäckchen.

„Wo ist denn eigentlich der Ethelbert?“ fragte Jochen nun Dalli. „Mit dem muss ich auch noch etwas besprechen“. Zusammen mit Dick und Jochen wollte Ethelbert nämlich ebenfalls am Lübecker Reitturnier teilnehmen und dies obwohl er eigentlich kaum Reitpraxis hatte. Aber er bestand regelrecht darauf. Jochen hatte den Ethelbert schliesslich mit Hängen und Würgen in der Anfängerklasse untergebracht, wo auch die etwas unerfahrenen Reiter und Amateure einmal den Pferdeduft eines richtigen Reitturniers einatmen durften.

Der eigentliche Grund warum Ethelbert am Lübecker Reitturnier teilnehmen wollte war natürlich die Tatsache, dass Dick ebenfalls teilnahm und diese wild entschlossen war die beste Amazone zu werden. Und weil er, der Ethelbert, sich doch nicht von einem Mädchen die Butter vom Brot holen lassen wollte hatte er drauf gedrängt auch teilnehmen zu dürfen. Und wozu hat man denn schliesslich ein feines rotes Reiterkostüm und einen Reiterhelm mit einem grossen 'E'?

Und Dick? Ja die war bienenfleissig gewesen, vor allem im Winter und Frühjahr. Sie hatte sehr zum Leidwesen von Ralf, ihrem Verlobten, nahezu jede freie Minute mit Jochen von Roth, dessen Frau Margot und Jochen's beiden Springpferden Foxy und Dorinde verbracht. Aber immerhin durfte Ralf ein paar Skizzen von Dick's intensivem Reittraining machen. Das hatte Dick ihrem Ralf zugestanden. Und eine richtig gute Springreiterin war sie inzwischen geworden, die kleine Dickie, die mittlerweilen zu einer jungen Dame von 19 Jahren herangewachsen war.

„Da oben“ meinte Dalli und deutete mit dem Kopf nach oben zum ersten Stock. „Ethelbert sitzt wahrscheinlich wieder auf der Toilette. Die Aufregung, die Aufregung....“ Jochen lachte herzlich. „Und ich bin erst aufgeregt... das könnt ihr euch gar nicht vorstellen. Winkler und Halla werden am Springreiten teilnehmen und ich habe unter uns gesagt die letzten drei Tage vor Aufregung kein Auge zugetan. Ihr könnt euch ja gar nicht vorstellen wie aufgeregt ich bin... ach wenn ich nur ein einziges Mal im Leben auf Halla sitzen dürfte...“

„Ethelbert ist auch ziemlich aufgeregt“ meinte Dalli. „Der hat die letzten drei Tage nicht auf Halla gesessen sondern auf'm Klo.“ Dick stiess ihrer Schwester lachend an die Schulter: „Komm Dalli. Wir schauen mal nach wie es dem armem Tropf geht“. Und schon entschwanden die Schwestern nach oben.

Hein schaute den beiden Mädels nach wie sie die Treppe hinauf eilten. Oder schaute er eher den beiden reizenden Hinterteilen nach, die nach oben entschwanden? Jochen schaute Hein mit leicht zugekniffenen Augen von der Seite an und der begann sich sofort in seine Arbeit zu vertiefen, auf jeden Fall tat er so.

„Ratsch“ machte es und dieses Geräusch war mittlerweilen ein vertrautes Geräusch. Ethelbert hatte sich wiedermal in der Toilette eingeschlossen da die Aufregung ihren Tribut forderte. Und schon machte es wieder „Ratsch“, der Riegel hob sich und Ethelbert verliess die Toilette während er sich die Magengegend hielt.

„Na mein Ethelbertchen?“ fragte Dalli mit leicht spöttischem Unterton. Das meinte sie natürlich nicht so, denn in Wirklichkeit mochte sie ihn ja recht gerne. Sogar sehr gerne, aber was sich liebt das neckt sich bekanntlich. Und die Liebe zwischen der inzwischen 17 Lenze zählenden Dalli und dem 3 Jahre älteren Ethelbert musste wirklich sehr gross sein. Schliesslich waren die beiden andauernd dabei sich gegenseitig zu necken und heimlich, ganz ganz heimlich.... wenn es die Oma Jantzen nicht sah.... sich auch einmal zu schlecken.
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Re: Die wilden Reiter vom Immenhof (FF 1959)

Beitrag von Ethelbert© »

(2)

Aber zum Schlecken war es Dalli wohl im Augenblick nicht zumute. Eher war es ihr zumute ihren Ethelbert zu necken: „Hi hi, du Memme, du Waschlappen! Du führst dich ja auf wie ein 11jähriger“. Dick stimmte ihrer Schwester zu: „Ralf würde sich nicht so aufführen, Ethelbert. Der nicht! Ein Mann muss doch mutig sein. Ralf würde sich auch nicht aus Angst aufs Klo verziehen.“

Ethelbert's Gesicht verfinsterte sich ein wenig. Er sollte ein Waschlappen sein oder eine Memme? Im Leben nicht! Und mutiger als Ralf sei er doch allemal... dachte er sich so. „Ja ähmmm... also.... ich habe wohl heute nachmittag etwas falsches gegessen und ..... ähmmm.... das drückt mir heftig auf den Magen. Deswegen muss ich öfters auf die Toilette.“

Doch Dick und Dalli lachten nur. „So ein Waschlappen! Wie ein kleines Kind benimmt er sich mal wieder“ flüsterte Dalli ihrer Schwester leise ins Ohr. Aber immerhin flüsterte sie so laut, dass Ethelbert gerade noch verstehen konnte was Dalli da ihrer Schwester heimlich ins Ohr flüsterte. Dick kicherte geradezu unverschämt und blickte Ethelbert verschmitzt und mit halb zugekniffenen Augen an.

Wenn Dick einen so mit ihren tiefschwarzen Augen ansah dann konnte das schon recht provokativ sein. Ethelbert wurde zunehmend missmutiger. Die beiden Biester waren also wiedereinmal dabei die Ethelbert'sche Manneswürde ernsthaft in Frage zu stellen und seinem Selbstwertgefühl erheblich zu zusetzen.

Da griff Ethelbert plötzlich in seine Hostentasche und holte einen Gegenstand hervor. „Hier Dalli. Wir wollen doch nicht streiten. Das lohnt sich doch nicht. Wir sind doch schliesslich erwachsene Leute. Hier habe ich ein kleines Versöhnungsgeschenk für dich. Das habe ich heute morgen extra für dich gekauft.“ Dalli zauberte ein Lächeln in ihr Gesicht und hielt Ethelbert erfreut ihre geöffnete rechte Hand hin.

Der liess ein grosses schwarzes Etwas aus seiner Hand gleiten. In diesem Augenblick sprang Dalli senkrecht hoch fast bis an die Decke und stiess einen schrillen lauten Schrei aus: „Iiiiiiiiiiiiiiiiihhhhhhh.......“. Sie liess den schwarzen Gegenstand sofort wieder aus der Hand fallen. Dick und Dalli schauten entsetzt auf den Fussboden. Da lag eine ca. 8 cm grosse, fette, schwarze behaarte Spinne mit knopfartigen dunkelroten Augen vor ihnen.

Was sich nun abspielte spottete jeglicher Beschreibung. Die beiden Schwestern fingen an zu quietschen, umklammerten sich gegenseitig um Schutz zu suchen und liefen dann mit einem ohrenbetäubenden Lärm die Treppe hinunter. „Hilfeeeee!! Iiiiiiiiiiiiiiiiihhhhhhh!!!!“

Doch Ethelbert hob die schwarze Spinne auf und jagte den beiden Mädels hinterher. Die waren mittlerweilen die Eingangshalle hinausgelaufen, vorbei am verdutzt blickenden Portier Hein Daddel. Die Tür knallte und Ethelbert lief mit dem schwarzen Ding in der Hand hinterher. Hein Daddel blickte nur verdutzt und sagte zunächst mal gar nichts. Aber dafür griff er mit geschickter Hand rechts nach unten und fingerte seine lütte ovale Rumbuddel hervor, die für alle Fälle bereit stand. Und „alle Fälle“ war bei Hein eigentlich eher der Normalfall.

Dick und Dalli rannten fast Herrn Hülsenbeck um. Herr Hülsenbeck war Architekt und wohnte in Bergisch-Gladbach. „Na na na, meine jungen Damen“ rief Herr Hülsenbeck aus und wurde vom nacheilenden Ethelbert fast ein zweites Mal umgestossen. „Diese Jugend“ sagte Herr Hülsenbeck und schüttelte mit dem Kopf. „Nein diese Jugend. Immer nur Hektik. Das sind doch alles Halbstarke“.

Die beiden halbstarken Mädels hatten inzwischen den Pferdestall erreicht und liefen hinein. Sie hielten mit beiden Händen das Tor zu, damit Ethelbert nicht herein konnte. Dann schob Dick den Riegel vor die Tür und rieb sich erleichtert die Hände. „Da kommt der nicht rein“. „So ein Tyrann“ meinte Dalli und ihre Schwester nickte heftig. Die beiden bibberten und zitterten aber immer noch vor Angst. Dick schaute durch den Türspalt und sah Ethelbert heraneilen. Der hielt die grosse schwarze Spinne in der Hand und war offenbar zu allem entschlossen.

„Der Mistkerl. Der will uns Angst machen. Ich habe doch solche Angst vor Spinnen“ rief Dalli. „Ich auch, ich auch...“ entgegnete Dick und die beiden hielten das Stalltor mit aller Kraft zu, den Ethelbert begann gegen das Tor zu treten. Dann liess er jedoch ab und ging wieder davon. „Na gottseidank“ entwich es Dalli.

„Komm wir gehen auch.“ Sie öffneten das Stalltor und das war ein Fehler. Ethelbert hatte sich nämlich neben dem Stalltor versteckt und stemmte sich nun gegen das Tor. Dick und Dalli versuchten das Tor wieder zu schliessen.... aber vergebens. Ethelbert war stärker und stiess das Stalltor auf. Die Schwestern fielen ins Stroh und waren vor Angst fast gelähmt. Und genau darauf hatte Ethelbert, der Tyrann und Mistkerl, nur gewartet.

Er stemmte die Hände in die Hüften und fing an schallend zu lachen. „Wer ist hier eine Memme? Hahahahha..... Hihihiii....“ Er liess die Spinne auf den Boden fallen und trat dann auf sie, offenbar um sie töten. „Du Dalli, ich glaub mir wird gleich schlecht“ stöhnte Dick. „Mir auch. Ist das ein fieser Mistkerl“. Ethelbert trampelte nun regelrecht auf der Spinne herum. „Iiiiiihhhhh.....“ Dann hob er das arme Tier auf und..... Dick und Dalli trauten ihren Augen nicht.... begann das was von der Spinne offenbar übrig geblieben war zu verschlingen.

„Jetzt muss ich kotzen“ meinte Dalli nur noch und legte sich auf die Seite. Ethelbert liess die Spinne wieder auf den Boden fallen. „Hiiihiii. Die ist aus Gummi. Hohohohoooo!!! Gummispinne, Gummispinne....“. Da wurde es den beiden Schwestern klar welch übles Spiel Ethelbert mit ihnen getrieben hatte. Das war also nur eine billige Gummispinne, die Ethelbert auf irgendeinem Trödel gekauft hatte und die beiden waren auf einen solchen Dumme-Jungen-Streich reingefallen. Was für eine Blamage!

Ethelbert schüttelte sich unterdessen vor Lachen. Und das hätte er wohl noch länger getan wenn da nicht ein lautes Autohupen die kleine Nachmittagsvorstellung unterbrochen hätte. Offenbar waren neue Sommergäste angekommen. „Komm Dalli“ sagte Dick. „Dem Affenheini werden wir es noch zeigen.“

Dick reichte ihrer Schwester die Hand und beide enteilten, liessen dem Tyrannen und Tunichtgut Ethelbert jedoch ein verächtliches Schnauben zurück: „Paaahh! Mistkerl, Doofian, Blödheini!!“ Ethelbert liess sich ins Heu fallen, klopfte mit den Händen auf den Boden und freute sich wie ein Sextaner über diesen gelungenen Streich mit der Gummispinne. Anscheinend schien Ethelbert niemals erwachsen werden zu wollen.
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Beitrag von Ethelbert© »

(3)

Eine schmucke blaue Mercedes-Limousine stand auf dem Hof. Das mussten die neuen Sommergäste aus Süddeutschland sein. Eine sehr modern gekleidete junge Frau mit tiefem Decolté und breiter, dunkler Sonnenbrille entstieg der Limousine. Dalli, die immer noch die Küchenschürze anhatte, reichte der jungen Frau die Hand. Diese grüsste nur kurz mit Handschlag und ging ziemlich hochnäsig und mit wackelndem Popo in Richtung Hotel-Immenhof-Eingang. „Was für eine arrogante Kuh“ flüsterte Dalli ihrer Schwester zu. „Und wie die mit dem A... wackelt.“

„Das ist die Baroness Clementine von Hohenried“ sagte Dick. „Dann ist es eben eine adlige Kuh“ meinte Dalli und zog eine Schnute. Als nächstes entstiegen ein feiner Herr im weissen Frack sowie ein Mann mit offener Jacke und gestreiften Hemd darunter der grossen blauen Mercedes-Limousine. Das musste wohl der Diener des feinen Herren sein. „So feine Gäste hatten wir ja noch nie. Die bringen gleich ihr Dienstpersonal mit“ flüsterte Dick und ging lächelnd auf den Herren im Frack zu um ihn anstandsgemäss zu begrüssen.

„Gestatten, Barbara Voss ist mein Name. Ich begrüsse sie herzlich im Ponyhotel Immenhof“. Dick verneigte sich höftlich. Sie hatte immer noch ihr neues superfeines dunkles Amazonenreitkostüm an. Der etwas untersetzte Herr mit weissem Frack, weissem Schnurrbart und weissen Haaren lächelte freundlich und gab Dick die Hand. „Ich bin der Baron von Hohenried“ antwortete er. „Mit meiner Tochter Clementine und meinem Diener Johann will ich ein paar Tage in der Holsteinischen Schweiz verbringen. Wie ich sehe sind sie Reiterin?“

„Ja. Sogar Turnierreiterin. Am nächsten Sonntag nehme ich das allererste Mal an einem richtigen Springturnier in Lübeck teil“ verkündete Dick nicht ganz ohne Stolz. „Das ist ja interessant, junge Dame“ entgegnete Baron von Hohenried. „Davon müssen sie mir mehr erzählen. Pferde und Jagen sind nämlich meine Leidenschaft.“ Unterdessen hatte sich Dalli hinzugesellt. Sie machte einen höflichen Knicks und gab dem Herrn Baron die Hand.

„Das ist meine Schwester“ sagte Dick. Nun begaben sich Dalli, der Herr Baron mit seinem Diener und Dickie in Richtung Hauptgebäude. „Ach übrigens... „ fuhr Baron von Hohenried fort „über meine Tochter sollten sie sich nicht aufregen. Das ist eine dumme Pute.“ Dalli musste sich daraufhin die Hand vor den Mund halten um nicht laut loszubrüllen. „Ja ja“ fuhr Baron von Hohenried fort. „Clementine ist ohne Mutter aufgewachsen und leider habe ich sie etwas zu sehr verwöhnt und verzogen. Sie ist ja schliesslich meine einzige Tochter. Was Clementine bräuchte wäre ein Ehemann, der sie mal ordentlich an die Kandarre nimmt.“

Dick und Dalli tauschten heimlich Blicke aus. Dieser Baron von Hohenried schien ja ein lustiger Geselle zu sein. Vor allen Dingen war er sehr freundlich und überhaupt nicht blasiert oder eingebildet.
Vor dem Empfangsschalter wartete bereits die Baronesse Clementine von Hohnenried. Mit ihrem Hut, ihrerm weissen luftigen Sommerschal und der grossen schwarzen Sonnenbrille sah sie aus wie eine Hollywood-Schauspielerin. Und geschminkt war sie für drei! Hein seinerseits schien über die Ankunft des Barons und insbesonders dessen Tochter geradezu ausser sich vor Freude zu sein. Auf jeden Fall strahlte sein Gesicht wie die Äquatorsonne.

„Kiek mal wie Hein um die Baroness rumschwänzelt“ sagte Dalli leise zu ihrer Schwester. „Typisch Mann. Die sind doch alle so. Der Ethelbert auch.“ „Aber Ralf nicht“ entgegnete Dick. „Doch Ralf auch“ meint Dalli. „Erinnerst du dich denn nicht mehr an letztes Jahr? Die Frauen sind doch alle scharf auf deinen Ralf.“ Dickie's Gesicht verfinsterte sich leicht und sie blickte etwas nachdenklich in Richtung der jungen Baroness von Hohenried. Die schien nicht wesentlich älter als sie selbst zu sein.

Im gleichen Augenblick stiess Gummispinnen-Ethelbert die Eingangstür auf und trippelte fröhlich in die Empfangshalle hinein. Sein Blick fiel natürlich sofort auf die junge Baroness von Hohenried. „Ei“ entfuhr es leise dem Ethelbert und schon stand er vor dem Baron von Hohenried und seiner hübsch-aufgedonnerten Tochter Clementine.

„Darf ich mich vorstellen: Ethelbert Gravenhorst, angehender Jurist. Und sie beide sind wohl das Ehepaar Hohenried?“ Der Baron lachte und gab Ethelbert die Hand. „Aber nein, Herr Gravenhorst. Das ist meine Tochter Clementine“. Ethelbert schüttelte freundlich die Hand des Barons und noch freundlicher schüttelte er die Hand der jungen Baroness. Eigentlich wollte er gar nicht mehr aufhören der jungen Baroness die Hand zu schütteln.

Die beiden Immenhof-Schwestern, die im Hintergrund standen, hatten sich diese Szene natürlich angesehen. „Wie du gesagt hast, Dalli“ sagte Dickie etwas resigniert. „Diese Männer sind doch alle gleich.“ „Seit wann ist Ethelbert denn ein Mann?“ entfuhr es Dalli. „Das ist ein unreifer Knabe, der nicht einmal gut reiten kann, sich andauernd überall blamiert und auch noch frech wie Oskar ist“. „Aber in den du ganz schön verknallt bist....“ ergänzte Dick ihre Schwester. Dalli wurde etwas kleinlaut. „Hier müssen wir etwas unternehmen, Dickie“.

„Hat der Baron nicht gesagt, dass er einen Ehemann für seine Tochter sucht?“... in Dalli's Augen blitzte der Schalk auf. „Ich glaube wir sollten ihm helfen“. Dick sah daraufhin ihre Schwester an und nickte. Das schien in der Tat eine gute Idee zu sein. Schliesslich war es angebracht sich derlei Konkurrenz mit allen Mitteln vom Halse zu schaffen und vor allem dann wenn diese Konkurrenz offenbar gut bewaffnet ist. Zwar war Dickie nicht chronisch eifersüchtig aber das Hotelleben konfrontiert einen halt mit allerlei Gefahren... vor allen Dingen was die weiblichen Hotelgäste angeht. Das dachte sich auf jeden Fall Dick und ihre Schwester Dalli dachte mit Sicherheit das gleiche.
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Beitrag von Ethelbert© »

(4)
Eine halbe Stunde später. Dick und Dalli halfen gerade Margot von Roth, der Oma Jantzen sowie Lisa, der eigentlichen Immenhof-Hotel-Köchin bei der Zubereitung des Abendessens. Die beiden gingen kurz vor die Tür um zu schnacken.

„Weisst du was?“ Dick's Augen begannen zu leuchten. Offenbar hatte sie gerade einen Geistesblitz von wegen dieser adligen Baroness von Hohenried. „Ich habe eine Idee wie wir die Baroness standesgemäss unter die Haube bringen können“. „Ja wie denn?“ erwiderte ihre Schwester. „Ganz einfach.“ Dick nahm ihre Schwester am Arm und zog sie beiseite.

„Hier in Holstein wohnen doch jede Menge Adlige und Gutsbesitzer. Und nächsten Sonntag ist doch unser grosses Reitturnier in Lübeck. Dort sind dann alle da.“ „Ja und weiter, Dickie?“... Dalli blickte ihre Schwester interessiert an. „Ganz einfach, Dalli. Wir laden den Baroness und den Herrn Baron als Ehrengäste des Immenhof-Ponyhotels zum Reitturnier ein. Wäre doch gelacht wenn wir nicht einen jungen Grafen für die dumme Pute finden würden“.

„Wie wäre es denn z.B. mit dem jungen Grafen von Plottnitz?“ meinte Dick nun. „Der wär ja nicht schlecht“ entgegnete Dalli. „Aber ob der der Baroness überhaupt gefällt? Nein Dickie, wir müssen einen richtigen tollen Kerl für die Baroness von Hohenried finden. Sonst spannt die uns noch unsere Männer aus“. Dick nickte entschieden. Da hatte ihre Schwester natürlich recht und es wäre doch gelacht wenn man auf diese Weise sich nicht der adligen Konkurrenz aus Süddeutschland entledigen könnte.

Unterdessen näherte sich Jochen den beiden Schwestern. „Na ihr zwei beiden? Welche Intrige schmiedet ihr denn gerade?“ „Aber Jochen.....“ Dalli setzte einen betont unschuldigen Blick auf. „Wie kommt du denn auf die Idee, dass wir irgendwelche Intrigen schmieden würden?“ Da begann Jochen leise zu lachen und blickte die beiden Schwestern mit seinem gefürchteten Ich-kenn-euch-beide-doch-Blick an. „Es geht doch um die Baroness von Hohenried, oder?“

„Hmmm... Hmmmm....“ ... Dick trat auf der Stelle und tat als ob sie nichts gehört hatte. „Hmmm....hmmm.... was hat Jochen gerade gesagt, Dalli?... Hmmmm.... Hmmmm...:“ „Ich habe gerade gesagt, dass ihr zwei euch über die Baroness von Hohenried unterhaltet. Wahrscheinlich habt ihr einen Anschlag auf die junge Dame vor, ihr zwei Gangsterbräute! Das seh ich dir doch an der Nasenspitze an, Dalli.“

Dalli hielt sich rasch ihre Hand vor die Nasenspitze und schüttelte heftigst mit dem Kopf. Nun legte Jochen väterlich seinen Arm auf Dick's Schulter. „Jetzt erzähl dem Onkel Jochen mal was los ist, meine Dickielein“. „Ach Jochen. Alle Männer laufen dieser blöden Baroness von Hohenried nach nur weil die so aufgedonnert ist und so vornehm tut. Uns schaut keiner mehr an. Und wenn Ralf kommt dann wird sich die blöde Kuh den doch als ersten angeln“.

„Also jetzt hör mal“ entgegnete Jochen nun allerdings recht barsch. „Die Baroness ist keine blöde Kuh sondern ein Sommergast. Und ihr zwei seid ja wohl nur eifersüchtig.“ „Nein sind wir nicht... ist nicht wahr.“„Doch das seid ihr“ sagte Jochen. „Und jetzt hör mir mal genau zu, Dick. Der Ralf mag nur dich und läuft unseren weiblichen Hotelgästen nicht nach. Das macht höchstens Ethelbert aber um diesen Möchtegern-Casanova kümmere ich mich schon. Und jetzt sag ich euch zwei noch was: am Sonntag werden der Herr Baron und seine Tochter mit uns allen auf das Reitturnier in Lübeck fahren. Ich habe sie soeben eingeladen. Und da dulde ich keinen Widerspruch!“

Dick und Dalli blickten sich kurz an und nickten heftig. „Das ist eine tolle Idee, Jochen. Das wollten wir auch vorschlagen. Siehst du... wir sind doch gar nicht so. Wir sind nämlich überhaupt nicht eifersüchtig sonden immer nur nett und freundlich zu unseren Gästen“ „Ach übrigens heute abend seid ihr alle vom Baron eingeladen. Baron von Hohenried ist ein begeisterter Reiter und Jäger und möchte von uns viele Dinge wissen. Du scheinst ja einen enormen Eindruck auf den Baron gemacht zu haben, Dick“
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(5)

„Was hab ich?“ entgegnete Dick.

„Du hast grossen Eindruck auf den Baron gemacht, Dickie. Er hat mich gefragt ob du meine Tochter wärst. Seh ich schon so alt aus?“ erwiderte Jochen schmunzelnd. „Baron von Hohenried meinte, dass du eine sehr intelligente und hübsche junge Dame wärest und dasss er sich gerne mit dir etwas unterhalten würde weil du ja am Sonntag am Springreiten in Lübeck teilnimmst. Da will der Herr Baron mit seiner Tochter dabei sein und dich anfeuern. So und jetzt tschüss ihr beide. Wir sehen uns beim Abendessen mit dem Herrn Baron.“ Jochen entschwand und liess die Schwestern im Flur allein.

Dick wirkte ein wenig verlegen aber Dalli schien dies alles sehr amüsiert zu haben: „Aha, aha... alte Männer und junge Frauen... Hi Hi .... vielleicht wirst du ja bald Baronin. Baronin Dickie von Hohenried... Hi Hi...“ Dalli versetzte ihrer Schwester einen sanften Rippenstoss. „So komm wir gehen jetzt Margot, Lisa und der Oma in der Küche helfen“.

Die beiden Mädels gingen zurück in die Küche wo bereits die Vorbereitungen auf das Abendmahl liefen, denn ein normales Abendessen war das heute abend bestimmt nicht. Schliesslich hatte der Immenhof ja adligen Besuch und Oma Jantzen schien darüber ganz aus dem Häuschen zu sein.

„Ach Kinder wie ich mich freue, dass der Baron von Hohenried hier zu Gast ist“ meinte die Oma. „Und seine Tochter ist ja sowas von wohlerzogen.“ „Was ist die dumme Pute? Wohlerzogen?“.... Dalli schnaubte vor Empörung. „Aber ja, Dalli. Die Baronesse hat mich ganz höflich begrüsst und mich sogar umarmt“.

„So so... umarmt hat sie dich, die dumme Pute. Und uns behandelt die wie kleine Schulmädchen oder wie ihr Dienstpersonal, die doofe Kuh“. Dalli war ganz schön aufgebracht. Doch die Oma hörte gar nicht hin... so sehr war sie von der Vorstellung beseelt, dass der deutsche Hochadel Urlaub auf Immenhof macht. Und nun begann die Oma zu erzählen und war nicht mehr zu bremsen.

„Ich war ja früher Gouvernante und Haushälterin bei der Familie von Ethelbert's Mutter. Das war bevor ich euren Opa kennengelernt habe. Ethelbert's Grosseltern leben in der Nähe von Augsburg und ich habe jeden Tag mit der feinen Gesellschaft diniert. Mit Ethelbert's Mutter bin ich auch häufig ausgeritten. Die Familie ist ja auch ein wenig blaublütig und Ethelbert's Mutter ist ja sowas von wohlerzogen. Ganz wie ihr Sohn. Man merkt halt, das Ethelbert aus einem guten Stall kommt. Das habe ich euch doch schon so oft erzählt, Dick und Dalli.“

Dalli fing nun schallend an zu lachen und das tat auch Dick. Ethelbert wohlerzogen? Und aus gutem Stall? Nein... das war nun wirklich zu komisch. Vor Lachen schlug Dalli mit der Faust auf den zusammengerollten Pastetenteig, der für das Fondue heute abend bestimmt war. Und Dick standen fast die Tränen in den Augen. „Ethelbert aus gutem Stall? Und wohlerzogen? Der hatte doch vor seinem ersten Besuch bei uns noch niemals einen richtigen Stall gesehen“

„Ach ihr zwei albernen Gören“ meinte die Oma nur und liess sich in ihrer Begeisterung über den adligen Besuch nicht bremsen. „Und der Herr Baron ist ja so fein und manierlich. Das ist ein richtiger Kavalier der alten Schule. Sowas gibt es heutzutage ja nicht mehr. Dr. Pudlich, der alte Saufkopp, ist zwar auch ein Kavalier aber nur wenn er nüchtern ist. Und das ist er so gut wie nie. Hach einen solchen Mann hätte ich auch gerne geheiratet. Dann wäre ich heute eine Frau Baronin“ Die Oma war anscheinend im siebten Adelshimmel angelangt und schien über den Wolken zu schweben.

„Der Baron ist scharf auf Dickie“... Dalli konnte ihr freches Mundwerk wiedermal nicht halten. „Dann wird Dickie Baronin und wir müssen vor ihr niederknien. Baronin Dickie von Hohenried... Hi hi hi....“
Margot von Roth, Jochen's Frau, die direkt neben Dalli stand, schien das zu interessieren und die übrigen Anwesenden hörten ebenfalls interessiert dieser Neuigkeit zu. „Ist das wahr, Dickie? Der Baron interessiert sich für dich?“

„Das hat Jochen doch nur so gesagt“ entgegnete Dick. „Der Baron könnte doch mein Vater sein. Der interssiert sich doch nur für unseren Reitbetrieb und das Reitturnier nächsten Sonntag. Und darüber will er sich mit mir unterhalten“. „Aber sicher“ meinte die Oma. „Der Baron ist doch viel zu alt für Dickie und könnte ihr Vater sein.“ Dass der Herr Baron von Hohenried es auf eine ihrer Enkellinnen abgesehen habe könnte wäre der Oma bestimmt nicht in den Sinn gekommen.

Allerdings war sie sich da auch nicht hundertprozentig sicher denn schliesslich war ihre Enkeltochter schon längst kein kleines Immenhof-Mädel mehr. Oma Jantzen blickte Dick etwas nachdenklich an und die ahnte was der Oma grade durch den Kopf schoss. „Nein Oma. Der Herr Baron von Hohenried will bestimmt nichts von mir. Was habt ihr nur alle? Hört endlich auf mich aufzuziehen“.

Dick zog eine empörte Dickie-Schnute und das war ein klares Signal, dass sie über dieses Thema keinesfalls weiterdiskutieren wollte und sie es sich ausserdem verbat, dass irgendjemand sie weiter mit diesem Thema belästigte.
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(6)

„Was hör ich da? Wer interessiert sich für Dickie?“.... diese sonore Stimme konnte doch nur von Ralf stammen. Der stand im Türrahmen und hatte wohl die ganze Zeit zugehört, was man sich in der Küche so erzählte. „Und wer ist die Baronesse über die ihr die ganze Zeit redet?“

Dick war vor Schreck das Besteck, welches sie gerade zurechtlegen wollte, aus der Hand gefallen. Dalli wiederum sprang reflexartig auf Ralf zu und versuchte ihn lachend aus der Küche herauszuschubsen. „Raus mit dir. Hier haben Männer nichts zu suchen“ meinte sie zu Ralf. Der bestand aber drauf mehr zu wissen. „Jetzt erzähl mir mal über was ihr euch hier unterhaltet. Welcher Baron ist denn auf dem Immenhof zu Gast?“

Nun trat die Oma auf den Plan. „Raus mit dir! Wir haben heute abend ein Festessen und ihr nichtsnützigen Männer stört jetzt nur. Schau dass du dir einen Anzug für heute Abend besorgst“. Die Oma knallte die Küchentür vor Ralf's Nase zu während Dick vergeblich versuchte ihrem Ralf noch kurz zu zuwinken. Aber das war's schon! Der adlige Besuch hatte für Oma Jantzen allerhöchste Priorität und da war dann keine Zeit für irgendetwas anderes. Jedenfalls war das die Ansicht der Oma und dagegen war Widerspruch zwecklos.

Ralf machte sich von dannen und beschloss seinen Freund und Immenhof-Ponyhotel-Portier Hein Daddel einmal gründlich auszufragen. Schliesslich arbeitete er ja als Werbegrafiker im entfernten Hamburg, war nur ein paar Tage in der Woche auf dem Immenhof zu Gast und dementsprechend eher schlecht als recht informiert. „Nanu?“ sagte Ralf plötzlich. Irgendwie schien er in eine Parfümwolke geraten zu sein, die sich geradezu penetrant im Eingangsfoyer verbreitet hatte. Er ging auf Hein zu und reichte ihm die Hand.

„Ja sag mal Hein....“ (schnupper) (schnupper).... „seit wann parfümierst du dich denn?“ (schnupper) (schnupper) „Dat is det Parföm vom Fräulein Baron“ entgegnete Hein. „Det Fräulein Baron von Hohenried hadd so'n jutet Parföm“. Ralf zog noch einmal die Nase kräftig durch und atmete den Duft ein, der sich im Eingangsfoyer ausgebreitet hatte. Es roch nach Flieder, Orangen und anderen nicht-definierbaren südländischen Odeuren. „Hmmmm lecker....“ meinte Ralf zu Hein Daddel. „Jetzt riecht es bei euch wenigstens mal gut. Ansonsten riecht es hier ja nur nach Pferdemist und du stinkst nach Rum. Und wer ist dieses Fräulein Baron, Hein?“

„Tschä Jung...“ Hein begann zu erzählen, dass ein Baron vom Bodensee mit Tochter und Diener zur Zeit im Ponyhotel Immenhof residierten. Und dass die junge Baronesse ein ganz scharfer Feger sei. Und dass er der Hein Daddel jetzt gerne 20 Jahre jünger wäre. Und dass er auf einer seiner Seereisen einmal eine hawaiianische Prinzessin aus Honolulu kennengelernt hätte, die ihn angeblich hatte heiraten wollen und dann wäre Hein sogar zweiter Stammeshäuptling geworden.... aber dass glaubte sowieso kein Mensch ausser Hein selbst.

„Trippel, trappel“ schallte es nun durch das Eingangsfoyer vom Ponyhotel Immenhof und das waren keine Ponys sondern Ethelbert, der die Treppe herunterstürmte um seinen Freund Ralf zu begrüssen. „Du Ralf, weisst du wer auf dem Immenhof zu Gast ist?“ Ethelbert strahlte wie ein Putzeimer. „Na klar, Ethelbert“ entgegnete Ralf. „Wir haben adligen Besuch“.

„Ja genau. Ein richtiger Baron ist bei uns zu Gast. Und eine richtige Baronesse. Das ist die Tochter vom Baron. Also die musst du mal sehen. Ich kann dir nur sagen.....“ ... Ethelbert ereiferte sich geradezu und war kaum noch zu bremsen. „Wie die Monroe sieht die aus und so ein Decoltée hat die also so.....“ ... Ethelbert deutete mit weit ausholenden Armbewegungen an über welche anatomischen Besonderheiten die junge Dame anscheinend verfügte.

Aber Ralf blieb gelassen und versuchte seinen Freund Ethelbert zu beruhigen. Dem schien es wie einem Hirsch in der Brunftzeit nach Anblick eines ganzen Rudels junger Hirschkühe zu gehen. Auf jeden Fall dachte sich Ralf das. „Hein, gib mir mal einen Eimer kaltes Wasser“ meinte Ralf lachend und schlug Ethelbert auf die Schulter. „Jetzt kühl dich erst mal ab. Komm wir nehmen mal einen Begrüssungsschluck. Ich weiss ja gar nicht mehr wie ein richtig gutes Bier schmeckt“.
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(7)

Ralf und Ethelbert gingen von dannen und Ethelbert gestikulierte immer noch wild mit den Armen herum, um Ralf zu zeigen was für ein männermordender Vamp sich anscheinend auf dem Immenhof eingenistet hatte. Und dieser männermordende Vamp hätte sich nach Ethelbert's Meinung mit Sicherheit bereits seine Opfer ausgesucht. Und das Hauptopfer würde wohl er der Ethelbert sein, meinte Ethelbert. Und dass er sich gerne opfern würde usw.... Ralf nickte immer fleissig und meinte eigentlich gar nichts zu dieser Sache. Stattdessen liess er seinen Freund Ethelbert reden und das tat der wie ein Wasserfall.

Es war nun kurz vor 7 Uhr abends und das Abendessen stand bevor. Die Gäste des Ponyhotels Immenhof hatten sich bereits im festlich geschmückten Essensraum eingefunden und harrten neugierig der Dinge, die sich sich heute abend wohl ereignen würde. Dass ein Baron mit Tochter und sogar eigenem Kammerdiener sich im Ponyhotel Immenhof eingefunden hatte war mittlerweilen jedermann bekannt. Die anwesenden Damen hatten sich so festlich herausgeputzt, dass man sich auf dem Wiener Opernball wähnte.

Ethelbert und Ralf betraten das Esszimmer. Beide waren fein gekleidet genauso wie es die Oma Jantzen den beiden aufgetragen hatte. Ethelbert trug seinen besten Anzug und Ralf ein blütenweisses Hemd mit einer roten Fliege um den Hals. Sehr viel Platz war nicht mehr aber die Oma stand breitbeinig mitten im Zimmer und ordnete den Verkehr. „Bitte Herr Rittmeister, setzen sie sich an den Tisch rechts wo die Mommsen-Kühnrath's sitzen. Herr Architekt Hülsenbeck und Gattin setzen sich bitte an den Mitteltisch.“

Der grösste Tisch, der linkerhand direkt vor der hohen Stechpalme stand, war natürlich für die Ehrengäste des Ponyhotels Immenhof reserviert. Und natürlich auch für Jochen, Dick und Dalli und einige andere Bewohner des Immenhofes denn der Baron war ein höflicher und vor allen Dingen sehr geselliger Herr. In diesem Augenblick betrat ein Mann mit feinem schwarzen Frack, einer Halbglatze mit langen Künstlerhaaren hinten sowie einem Geigenkasten in der rechten Hand den Raum. Die Oma hatte anscheinend sogar für Musik gesorgt.

„Also manchmal spinnt die Oma doch“ meinte Ethelbert zu Ralf und der widersprach nicht. „Ob Pudlich auch noch kommt?“ meinte Ralf. „Werde wir sehen“ entgegnete Ethelbert und beide begaben sich zu dem grossen Tisch für die Ehrengäste und liessen sich dort nieder. Ralf legte seine Beine übereinander und entnahm seiner Hemdtasche einen kleinen Zeichenblock. Die feine Gesellschaft schien die künstlerische Kreativität von Ralf sehr anzuregen.

„Also schau dir das mal an, Ethelbert. Wie die alle rausgeputzt sind und sich wichtig machen. Und dass nur, weil ein Baron hier zu Gast ist. So sind die Deutschen halt.“ „Ja ja“ lachte Ethelbert, der jedoch überhaupt nicht zugehört hatte denn seine Augen liessen die Eingangstür nicht aus den Augen. Es schien, dass Ethelbert es kaum erwarten konnte den Herrn Baron von Hohenried und vor allem seine Tochter, die Baronesse von Hohenried, zu Gesichte zu bekommen. Aber so schien es den anderen Gästen vom Ponyhotel Immenhof auch zu gehen.

In der Küche war man unterdessen dabei sich auf die grosse Entscheidungsschlacht inkl. kaltem Büffet und geselligem Umdrunk vorzubereiten. Margot von Roth war die Chefin im Ring, denn die Oma sorgte ja im Essensraum für Ordnung. „Lass dich mal anschauen, nein Dalli-Kind“. Margot ordnete die hochtupierten Haare von Dalli und setzte das weisse Häubchen ein wenig nach links. „Und jetzt steh mal auf und dreh dich mal“.

Dalli stand auf und liess sich von Margot begutachten. Die Oma hatte sich nämlich für ihre beiden Enkellinen etwas ganz Tolles ausgedacht. Auf jeden Fall dachte die Oma dies..... Dick und Dalli mussten nämlich als Serviererinnen auftreten und die Oma hatte Margot gebeten sich darum zu kümmern. Normalerweise ging es im Ponyhotel Immenhof nicht so fein und gesittet zu. Zwar spielten Dick und Dalli ab und an auch mal Serviererin aber ansonsten bediente sich jeder selbst. Und Serviererinnenkleidung gab es normalerweise nicht für die beiden. Das hatte sich wie gesagt die Oma so ausgedacht.

Dalli hatte eine schwarze Servierinnen-Bluse an sowie ein schwarzes allerdings doch ein wenig kurzes Röckchen an. Auf ihrem hochgesteckten Haar sass ein Serviererinnen-Häubchen wie es in feinen Restaurants und Cafés halt so üblich war. Und Dick war ähnlich ausstaffiert, allerdings trug sie unter ihrer Serviererinnen-Schürze ihr schickes blaues Abendkleid mit dem eher gesitteten Ausschnitt.. Schliesslich war sie heute abend ja nicht nur Serviererin sondern auch Ehrengast des Herrn Baron von Hohenried.
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(8.)

Die Küchentür öffnete sich und Johann, der Kammerdiener des Barons von Hohenried trat ein. Johann, der eigentlich mit richtigem Namen Walther hiess, trug seinen blau gestreiften Kammerdiener-Anzug. „Guten Abend, meine Damen“ sagte Johann höflich. „Der Herr Baron möchte, dass ich ihnen heute Abend ein wenig aushelfe. Denn schliesslich möchte sich der Herr Baron noch ein wenig mit den beiden reizenden jungen Damen und....“... Johann, der eigentlich Walther hiess, verbeugte sich tief vor Margot von Roth und gab ihr einen Handkuss... „und mit der reizenden Hausherrin unterhalten“.

„Oh ich bin doch nicht die Hausherrin“ entgegnete Margot leicht verlegen aber fröhlich lächelnd. „Hausherrin ist immer noch die Frau Jantzen. Der gehört doch der Immenhof. Ich bin die Gattin des Herrn von Roth, der das Ponyhotel verwaltet.“ „Margot, mich zwickt es am Hintern“ unterbrach Dalli die höfliche Ansprache des fürstlichen Kammerdieners.

Margot schaute nach und sah, dass genau dort noch eine Sicherheitsnadel steckte. Margot entfernte die Sicherheitsnade, sah Dalli noch einmal an, nahm das Zentimetermass und meinte: „Dein Rock ist viel zu kurz ausgefallen, Dalli-Kind. Das ist mir gar nicht aufgefallen als ich die Kleider besorgte. Die Schürze ist ja schon fast unanständig“ „Och das stört mich nicht, Margot“ entgegnete Dalli und steckte sich sich eine Praline in den Mund. „Und nenn mich nicht immer Dalli-Kind, Margot!“

In der Zwischenzeit war es sieben Uhr geworden und damit Zeit für das Abendmahl, welches die Oma Jantzen zu Ehren des adligen Besuches heute abend gab. Die Tür ging auf und alles blickte nach vorne in Richtung Eingang, auch Ralf und Ethelbert. Zunächst einmal sah man den Kammerdiener eintreten, welcher ein weisses Tuch über seinem Arm gelegt hatte und eine riesige Flasche Sekt in einem silbernen Sektkühler trug. Danach folgte Jochen von Roth, der seinen feinen braunen Anzug und eine hübsche blaue Krawatte trug. Jochen öffnete nun die Tür ganz weit und der Baron betrat zusammen mit seiner Tochter den Raum.

Der Baron von Hohenried trug einen schwarzen Smoking, wie es sich wahrscheinlich in diesen Kreisen gehörte, und die junge Baronesse ein enges schwarzes Kleid sowie einen sehr schicken grünen Hut mit roter Feder, wie er wahrscheinlich ebenfalls in den feinen Kreisen gerade in Mode war. Und leicht verschleiert war sie auch, die Baronesse.

Allen verschlug es den Atem, zumindestens den männlichen Gästen, und am lautesten verschlug es dem Ethelbert den Atem, denn Ethelbert begann auf einmal recht heftig zu atmen. „Mann, oh Mann. Ralf.... schau dir die an.... Mann oh mann....“ zischelte Ethelbert seinem Kumpel Ralf zu. „Was für eine tolle Frau.“ Ralf sah Ethelbert ziemlich amüsiert an und begann heftig auf seinem Zeichenblock herumzukritzeln.

Ethelbert wollte gerade von seinem Stuhl aufspringen als die Oma mit einem Glöckchen die Vorstellung unterbrach. BING BING... „Meine Damen und Herren, das Festessen ist eröffnet. Ich freue mich in unseren Reihen den Herrn Baron von Hohenried und seine Tochter, die Baronesse Clementine von Hohenried, begrüssen zu dürfen“. Dann gab Oma den beiden die Hand, der Baron küsste die Hand von Oma Jantzen und diesbegleitete die beiden zum reservierten Tisch, an dem sich bereits Ralf und Ethelbert herumlümmelten.

„Auf hoch, du fauler Sack“ zischelte Ethelbert seinem Kumpel Ralf zu und sprang selbst wie auf Kommando auf um der jungen Baronesse einen Handkuss zu geben. Dabei verneigte er sich so tief, dass er fast das Gleichgewicht verlor. „Na na junger Herr“ meinte der Baron schmunzelnd während er Ethelbert die Hand schüttelte. „Und wer ist dieser nette Herr?“ meinte der Baron nun. Ralf war inzwischen aufgestanden und schüttelte dem Herrn Baron von Hohenried ebenfalls die Hand. Der Baronesse gab Ralf einen höflichen Handkuss so wie sich das auch gehörte und wie die Oma den beiden aufgetragen hatte.. „Gestatten, Ralf Schüller ist mein Name.“

Der wohlwollende Blick der Baronesse ruhte auf Ralf und ein zuckersüsses Lächeln schien zu verraten, dass Ralf der Baronesse alles andere als unsymphatisch zu sein schien. Ethelbert dachte daran wie er sich denn am besten bei der Baronesse einschmeicheln könnte und riss das Gespräch an sich: „Mein Freund Ralf ist ein sehr begabter Zeichner und Werbegrafiker. Wir kennen uns aus München“.

„Ach sie sind Künstler. Das ist ja sehr interessant. Darüber müssen wir uns unterhalten“ meinte die junge Baronesse zu Ralf. Ethelbert wollte sich neben die Baronesse setzen als Jochen sich entschieden dazwischen drängte. „Nein Ethelbert, die Ehre neben der Baronesse zu sitzen habe heute abend ich“ meinte er zwar höflich aber recht entschieden zu Ethelbert. „Hilf du mal deiner Dalli“. „Was ich soll servieren?“ ... im Gesicht von Ethelbert zeichnete sich so etwas ähnliches wie Ekel und Abscheu ab.

Nachdem sich die allgemeine Lage etwas entspannt hatte erschienen Dick und Dalli auf der Bühne, welche an diesem Abend das Essen servieren sollten. Zwecks dieses Unterfangens hatte Oma Jantzen die beiden wie zwei richtige Serviererinnen aus einem Grandhotel ausstaffieren lassen. Dick begab sich zum Tisch der Ehrengäste und der Baron stand sofort auf um Dick zu helfen und Platz zu machen. „Das finde ich aber reizend, meine jungen Damen, das sie uns heute abend bedienen und sich sogar standesgemäss dafür angezogen haben“.

Dick bedankte sich mit ihrem reizendesten Lächeln und begann die Suppe zu servieren.
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(9)

Aber zuvor beugte sich Dalli nach vorne und stellte die Suppenterrine auf den Tisch. Plötzlich erklang hinter ihr ein Pfiff. Rittmeister von Sprackl, Monokelträger und Ex-Offizier welcher zusammen mit den Hülsenbecks am Nachbartisch sass, hatte es sich nicht nehmen lassen seine Begeisterung über Dalli's viel zu kurzen Rock in aller Öffentlichkeit kundzutun. Besagter Unhold hatte Dalli also hinterher gepfiffen und das ausgerecht während Oma's superfeinem Festmahl.

Dem Rittmeister von Sprackl, der nach Meinung von Oma Jantzen ein ziemlich vulgärer und moralisch verkommener Mensch war, schien dies nicht einmal peinlich gewesen zu sein. Das war wohl auf den Einfluss diverser im Übermass genossener alkoholischer Getränke zurückzuführen. Kurz: der Rittmeister war stockbesoffen da Architekt Hülsenbeck und Rittmeister von Sprackl vorher schon ordentlich einen gebechert hatten.

Allerdings war dieser Vorfall der feinen Festgesellschaft durchaus peinlich, wie man dem einige Sekunden währenden betretenen Schweigen entnehmen konnte. Dann unterhielt man sich jedoch weiter und tat so als hätte niemand diesen Pfiff gehört. Dabei war es doch ganz offensichtlich warum bzw. wem dieser Pfiff galt.

„Dalli, dein Rock ist viel zu kurz“ raunte Dick ihrer Schwester leise zu, aber anscheinend nicht leise genug. „Das ist uns schon längst aufgefallen!“ meinte der Baron burschikos und mit lauter, unüberhörbarer Stimme. Daraufhin brach die Festgesellschaft in ein befreiendes lautes Lachen aus. „Dalli, du siehst ja wirklich verboten aus“ meint nun Jochen und die Oma, die sich mittlerweilen hinzugesellt hatte, schüttelte heftigst den Kopf. Dann zog sie Dalli am Arm. „Marsch ab, zieh dir etwas anderes an. Wie läufst du denn rum?“ Die Oma klang recht rigoros.

„Das Kellnerkostüm hat mir doch Margot besorgt. Und du wolltest doch, dass wir so rumlaufen!“ schmollte Dalli zurück und begab sich leicht empört von dannen. Während sie aus der Tür herausging liess sie es sich allerdings nicht nehmen zwei- oder dreimal demonstrativ mit dem Hinterteil zu wackeln.

Daraufhin prustete der Baron los und bekam vor lauter Lachen sogar einen roten Kopf. „Wunderbar, Frau Jantzen, wunderbar. Ihre beiden Töchter sind einfach wunderbar. Wie? Ach das sind ihre Enkellinnen? So so... Einfach herrlich! Bei ihnen gefällt es mir. Und damit Prost. Ein Hoch auf das Pony-Hotel Immenhof und ein Hoch auf die Oma Jantzen!“ Der Baron erhob das Glas Rheinwein, welches Dick gerade der Festgesellschaft kredenzt hatte und alle Anwesenden erhoben ebenfalls das Glas und prosteten sich zu.

„Die junge Dame ist übrigens die Verlobte von unserem Ethelbert“ meinte Jochen nun zum Baron und blickte Ethelbert schelmisch lächelnd an. Ethelbert war sichtlich entsetzt oder zumindestens ziemlich betreten, da Jochen es gewagt hatte sein Geheimnis in aller Öffentlichkeit zu offenbaren. Zwar war das ganze schon längst kein Geheimnis mehr aber in Ethelbert's Augen hatte Jochen gerade allerschwersten Verrat begonnen und ausserdem seine Chancen bei der Baronesse von Hohenried beträchtlich reduziert.

„Ach sie beide sind verlobt? Kompliment, junger Mann. Das ist eine sehr hübsche junge Dame. Wie hiess sie nochmal.... also Brigitte... wie bitte?... So so.... Dalli nennt ihr sie also. Kompliment, Kompliment “... ... die freundlichen Worte des Barons klangen wie Hohn in des Ethelbert's Ohrens. Denn nun war es offensichtlich, dass seine Chancen bei der Baronesse auf Null gesunken waren da er ja nun als Verlobter oder zumindestens Freund von Dalli entlarvt war.

Aber damit noch nicht genug.... anscheinend hatte es Jochen an diesem Abend auf Ethelbert abgesehen. „Sie sollten Ethelbert mal als Kellner sehen, Herr Baron. Sowas elegantes wie Ethelbert gibt es kein zweites Mal.“ Ethelbert blickte Jochen wütend an denn nun war ihm klar, dass Jochen ihn in aller Öffentlichkeit demontieren wollte und dass dahinter wahrscheinlich wiedermal diese Weiber steckten. „Fein, fein! Würden sie mir diesen Gefallen tun, junger Mann?“ meinte nun der Baron.

Nun gab es für Ethelbert kein Entrinnen mehr. Einem Baron zu widersprechen war schlichtweg unmöglich. Ralf blinzelte seiner Dickie lächelnd zu denn beide hatten begriffen welche Taktik Jochen gerade eingeschlagen hatte. Ethelbert als Kellner war wohl das geeignete Mittel um den auf adligen Liebespfaden wandelnden angehenden Juristen den Kopf zurecht zu setzen.

„Johann, könnten sie dem Herrn Ethelbert nicht eine ihrer gestreiften Dienerwesten leihen?“ meinte nun der Baron zu seinem Kammerdiener. „Auch das noch“ flüsterte Ethelbert leise. Der Schmach und die Schande schienen nun perfekt zu sein. Zum Kammerdiener und Kellner degradiert war er nun und nichts war es von wegen Techtelmechtel mit der Baronesse. Und dabei hatte er sich für diesen Abend doch so viel vorgenommen. Ethelbert und der Kammerdiener des Barons entschwanden kurz.

Dalli betrat wieder den Raum und trug eine weit ausgeschlagene Reithose unter ihrer Servierschürze. „Kind nein! Nein!!!!!“ schrie die Oma entsetzt und klatschte die Hände laut zusammen. „Doch nicht die Reithose, Dalli!“ Dalli blickte ihre Oma relativ verständnislos an und der ganze Saal bog sich vor Lachen. „Aber Frau Jantzen... darf ich Oma zu ihnen sagen? Also Oma Jantzen... ich finde diese jungen Leute einfach wundervoll. Lassen Sie sie doch. So gut amüsiert wie heute abend habe ich mich selten.“

Der Baron sprach's und Jochen blickte die Oma vielsagend. Dabei nickte er mit dem Kopf was so viel bedeuten sollte wie „Hauptsache es gefällt unseren Gästen“ und Oma Jantzen hatte das wohl begriffen. Auf jeden Fall sah sie ein, dass hier nichts zu machen sei. „Mit Dick, Dalli und Ethelbert ist man halt gestraft“ konnte der geübte Beobachter in Oma's Gesicht ablesen.
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(10)

Vor der Eingangstür hatte sich mittlerweilen Ethelbert eingefunden. Johann, des Baron's Kammerdiener, hatte Ethelbert mit einem blau-schwarz gestreiften Butlerhemd ausgestattet und Ethelbert sollte auf einem silbernes Tablett den Gästen zwei Flaschen Wein servieren. „Mann wird das wieder peinlich. Wenn ich da nur nichts vergiesse.... „ flüsterte Ethelbert sich selbst zu. Da ertönte eine tiefe etwas rauhe rheinländisch klingende Stimme hinter Ethelbert's Rücken.

„Ja der Ethelberrrrrt. Wat machst du denn da, Jong?“.... es war Dr. Pudlich, der ebenfalls von Oma Jantzen zum Festdiner eingeladen worden war, sich jedoch etwas verspätet hatte. „Ham se dich als Kellner anjeheuert, Ethelbertchen?“ Der drehte sich wütend rum und versuchte Dr. Pudlich mit möglichst grimmiger Miene wissen zu lassen, dass er es a.) ausgesprochen hasse als Kellner rumlaufen zu müssen und es b.) noch viel weniger möge, dass man ihn in dieser peinlichen Lage auch noch darauf anspreche.

Aber das mit dem „wütend und grimmig dreinblicken“ bekam Ethelbert heute nicht so recht hin vor allen Dingen als er die rote Nase von Dr. Pudlich vor sich sah. Da verwandelt sich selbst der grimmigste Blick in ein Lächeln und sei es auch nur in ein innerliches Lächeln. Dr. Pudlich wiederum schaute voller Verzückung auf die beiden Weinflaschen, die Ethelbert auf dem Tablett trug und er liess es sich nicht nehmen die beiden Weinflaschen einer fachmännischen Begutachtung zu unterziehen.

„Dat is ja een echte 48er Eltviller Edelriesling“ entfuhr es Dr. Pudlich voller Verzückung. „Ja Ethelbertchen, dat lasse ma uns jäatz mal gudd schmecke,“ Dr. Pudlich nahm die Flaschen unter den Arm. „Ich war ja noch bei eener Pferdejeburt beim Bauer Ehnings, Ethelbertchen, unn danach hann ich mich dann rasch umjezogen und bin losjefahre. Da iss ja een feiner Baron auf'm Immenhof, Ethelbertchen“.

Ethelbert trug sich mit dem Gedanken den Dr. Pudlich laut anzuschreien, dass er doch Ethelbert hiesse und nicht Ethelbertchen, lies es jedoch da Dr. Pudlich wahrscheinlich die Pferdegeburt bereits mit einigen Gläsern gefeiert hatte. „Holsteiner Bauern und Tierärzte seien bekanntlich die schlimmen Säufer überhaupt“ pflegte Oma Jantzen bisweilen zu sagen und die wusste gewiss von was sie da redete.

Dr. Pudlich öffnete couragiert die Tür und zog Ethelbert mit fester Hand an seiner Kammerdienerbluse hinter sich her. Ein freundliches „Hallo“ erklang als Dr. Pudlich den Saal betrat. Es war Dalli, die fast über die Füsse von Dr. Pudlich gestolpert war. „Ja Dallichen, wieso haste denn de Reithose an?“ wollte Dr. Pudlich wissen doch Dalli zog Dr. Pudlich zum Festtisch und dieser zog Ethelbert in der Kammerdienerbluse hinter sich her.

Mit Formalitäten gab sich Dr. Pudlich nun erst gar nicht ab sondern schüttelte dem Baron von Hohenried kräftig die Hand. „Jestatten, Pudlich. Ich bin der Tierarzt. Sinn sie een richtiga Baron? Unn iss dat ihre Tochter de Baroness?“. Dr. Pudlich gab der jungen Baroness von Hohenried einen Handkuss, schnappte sich den erstbesten Stuhl und setzte sich direkt neben die Baronesse. Eigentlich wollte Jochen ja an diesem Abend dort sitzen, um den Anstandswauwau zu spielen und um zu verhindern, dass gewisse junge Herren sich allzusehr für die Baronesse ereiferten. Aber daraus schien nichts zu werden.

Ethelbert stand unterdessen etwas verschämt im Hintergrund. Dr. Pudlich hatte soviel Lärm gemacht, dass niemandem der Ethelbert im gestreiften Dienerhemd aufgefallen war. Und am liebsten hätte er sich ja in irgendein Mauseloch verdrückt. „Ja Ethelbertchen, jetzt servier uns ma den juten Riesling“ meinte nun Dr. Pudlich launig und die Aufmerksamkeit der Festgesellschaft richtete sich spontan auf Ethelbert, der rot anlief und zwar mindestens ebenso dunkelrot wie ein guter französischer Spätburgunder.
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